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28. BtMG-Änderung: Welche Substanzen sind drin?

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Am heutigen Mittwoch hat das Bundeskabinett die 28. Änderung des BtMG (BtMÄndVO) beschlossen. 32 Substanzen sind in diesem Jahr von der Illegalisierung oder Mengenbeschränkung betroffen. Die neuerliche Ergänzung des BtMG wird von der Bundesregierung diesmal mit dem aktuellen Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) begründet. Dieser hatte im Bezug auf einige neue psychoaktive Substanzen geurteilt, dass diese nicht dem Arzneimittelgesetz zu unterstellen sind. Bislang wurde über den Umweg über das AMG bei nachgewiesener Konsumabsicht der Käufer eine Strafverfolgung möglich. Das diese Begründung z.B. bei sogenannten „Kräutermischungen“ eine reine Nebelkerze ist, die die Hilflosigkeit des Gesetzgebers gegenüber dem gewaltigen Markt der Research Chemicals verschleiern soll, wird deutlich, wenn man weiß, dass es mittlerweile tausende synthetische Cannabinoid-Analoge gibt von denen nur ein Bruchteil per BtMG verboten ist. Ein Stoffgruppenverbot ist noch immer nicht in Sicht und auch die EU-Verordnung zu neuen psychoaktiven Substanzen (NPS) greift noch nicht. Das Hase und Igel-Spiel geht also weiter.

Die „Deutsche Apotheker-Zeitung“ und die „Pharmazeutische Zeitung“ nennen keine konkreten Substanzen. Nach einiger Recherche habe ich beim Beck-Verlag endlich den Link zum kompletten Referentenentwurf gefunden. Da hier Aktualität und Schnelligkeit zählt, bleibt dieser Blogpost kurz.

Achtundzwanzigste Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften

 

Bundestag: Debatte und Abstimmung zu Cannabisclubs

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Am heutigen Donnerstag fand im Bundestag die Debatte zum Antrag der Linken auf die Zulassung von Cannabisclubs in Deutschland statt. Zudem wurde über den Antrag von Bündnis90/Die Grünen zur Ermöglichung von Drugchecking entschieden. Wie erwartet wurden beide Anträge abgelehnt. Das Desinteresse an den Anträgen von Seiten der Regierung, wurde schon durch die, an Sabotage grenzende, Uhrzeit und die kurze Dauer der Debatte deutlich. Prime-Time ist was anderes.

Nicht ganz so leer, aber auch nicht viel voller - Plenarsaal des Deutschen Bundestages - Photo by JaQoB CC-Lizenz

Nicht ganz so leer, aber auch nicht viel voller – Plenarsaal des Deutschen Bundestages – Photo by JaQoB (CC-Lizenz)

Gleich über zwei drogenpolitische Anträge wurde heute Abend gegen 22:15 Uhr im Deutschen Bundestag debattiert und abgestimmt. Der, mit Spannung erwartete, Antrag der Partei Die Linke auf Zulassung von Cannabis-Clubs und ein Antrag der Grünen, der die gesundheitlichen Risiken des Drogengebrauchs durch Drugchecking minimieren möchte.

Nicht einmal eine halbe Stunde debattierte der Bundestag, zu fast schon nächtlicher Stunde, über diese wichtigen Anträge, nachdem der Antrag der Linken, über den eigentlich bereits am 29. November letzten Jahres debattiert und abgestimmt werden sollte, auf den heutigen Tag verschoben wurde. Das Signal, dass von dieser Verschiebung und der nun erfolgten, kurzen Abhandlung der beiden Anträge nach einem Mammut-Sitzungstag (die 217. Sitzung des Deutsche Bundestages begann schon heute Morgen um 09:00) ausging, konnte verheerender nicht sein. Letztlich wollte man diese beiden Themen am liebsten gar nicht behandeln.

Wie erwartet, wurden die Anträge dann auch mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und FDP abgelehnt. Gerade die Ausführungen von Angelika Graf von der SPD hätten so genauso von Mechthild Dyckmans kommen können. Karin Maag von der CDU/CSU schreckte auch nicht vor der Plattitüde: „Es gibt kein Recht auf Rausch!“ zurück. Zudem stellt die Union mal wieder sämtliche Tatsachen auf den Kopf. Unter anderem wegen gefährlichen Beimischungen muss Cannabis verboten bleiben. Professor Thomasius musste von der Union natürlich auch wieder zitiert werden, wobei Frau Maag beinahe Professor Cannabius gesagt hätte. Spätestens beim Wort „Rauschsozialismus“ hat sich die FDP desavouiert. Hier ging es ganz klar nicht nur um die Sache, sondern hauptsächlich darum, dass die Anträge vom politischen Gegner kamen. Jeder kann die Ausführungen selbst im Sitzungsmitschnitt ansehen.

Frank Tempel, Drogenpolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke im Deutschen Bundestag, konterte die Ausführungen der Union gekonnt. Sein Hintergrund als Kriminalkommissar in der Rauschgiftbekämpfung war da natürlich hilfreich. Zusätzlich führte er die Statistiken zu Konsumentenzahlen und Jugendschutz in Deutschland und den Niederlanden an. „Auch über Drogenpolitik kann man sich kundig machen“ rief er dem Plenum zu.

Harald Terpe von den Grünen brachte all das, was hier die meisten Leser über die Prohibition wissen, noch einmal genau auf den Punkt. Er stellte die Kosten für die Repression der fehlenden Möglichkeit für präventive Maßnahmen entgegen, für die dann kein Geld mehr vorhanden ist. „Das realitätsblinde „weiter so“ in der Drogenpolitik muss ein Ende haben.“, schloss er seine Rede.

Dass die Anträge scheitern würden, war zu erwarten. Enttäuscht bin ich allerdings von der Art und Weise wie man versuchte, die Debatte möglichst bei Nacht und Nebel stattfinden zu lassen, wenn kaum ein Parlamentarier noch anwesend ist. Zudem wurde die anberaumte Zeit für Debatte und Abstimmung noch unterschritten. Die Verschiebung und Zusammenlegung des Antrages der Linken mit dem der Grünen – zu einem anderen drogenpolitischen Thema zeigt, dass das Thema Drogenpolitik ein Stiefkind der Politik ist. Die gesellschaftliche Tragweite dieses Themas wird noch immer unterschätzt. Es wird Zeit öffentlich wahrnehmbarer zu werden. Mit „Geisterdebatten“ vor einem nahezu leeren Plenarsaal um fast 23 Uhr abends erreicht man dieses Ziel sicher nicht.

Hier alle Videomitschnitte der Redebeiträge in chronologischer Folge:

Christine Aschenberg-Dugnus (FDP):

Angelika Graf (SPD):

Karin Maag (CDU):

Frank Tempel (Die Linke):

Dr. Harald Terpe (B90/Grüne):

Das vollständige Protokoll der gesamten Plenarsitzung kann man hier nachlesen. Tagesordnungspunkt 20 ist die Debatte und Abstimmung über Cannabisclubs und Drugchecking.

Operation Weedstorm

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Ein besonderes Lüftchen weht den etablierten Parteien in Deutschland in diesen Tagen auf ihren Facebook-Seiten entgegen. Ihre Seiten werden, neben weiteren Statements zur Legalisierung, mit folgendem Satz zugespammt: „Legalisiert den Besitz, den Gebrauch und den Anbau von Cannabis für den Eigengebrauch.“  Die Aktion wurde erstmals am 30.12.2012 durchgeführt und gestern wiederholt. Die nächste Aktion ist für den 13. Januar geplant. Und sie zieht Nachahmer an. Auch in Österreich tobt bereits der Weedstorm.

Hanffreunde wehrt EuchZunächst fand ich es ein wenig kindisch, Facebook-Seiten der CDU, SPD, Bündnis90/Die Grünen und der FDP mit o.g. Satz (es gibt auch eine Auswahl anderer Sätze und man darf natürlich auch frei kommentieren), zuzuspammen. Aber heute war auch ich einer der vielen Spammer, die die Parteiseiten prall gefüllt haben, so dass ein einsamer Verirrter auf der FDP-Seite dazwischen fragte: „Gibt es hier eigentlich auch Empfehlungen, die nichts mit Drogen zu tun haben?“.

Ich bin eigentlich ein Freund einer vernünftigen Debatte. Jedoch prallt seit Jahren an den wechselnden Bundesdrogenbeauftragten der CDU und der SPD jedes noch so moderate und vernünftige Argument ab. Zudem findet am 17.01.2013 die Debatte und Abstimmung über Cannabisclubs aufgrund des Antrages der Linken statt. Schon daher ist es wichtig, das Thema auf der Agenda zu halten. Die Linke wurde nicht Opfer der Aktion. Die Piratenpartei auch nicht. Diese Parteien haben momentan wohl die fortschrittlichsten Ansätze zur Drogenpolitik und die Linke, schreibt das nicht nur, wie die Piraten, in parteiinterne Papiere und Wahlprogramme, sondern tut etwas. Die braucht man also nicht an das Thema erinnern. Anders die Grünen – die sind für die Legalisierungsbewegung in etwa dass, was die Sozialdemokraten für das untere Drittel der Bevölkerung sind: Verräter. Sie hatten bereits die Chance umzusetzen, was im Bezug auf Cannabis in ihrem Parteiprogramm steht. Sie haben diese Chance nicht genutzt – im Gegenteil. Unter grüner Regierungsbeteiligung kam dann sogar noch das Samenverbot als finaler Schritt der totalen Cannabis-Prohibition hinzu. In Deutschland muss man eben alles ganz perfekt machen. Da eine Debatte auf Augenhöhe also nicht möglich ist, und die Befürworter einer vernunftbasierten und humanen Drogenpolitik bisher nie ernstgenommen wurden, hat diese Aktion ihre Berechtigung.

Gerade im Wahljahr 2013 darf das Thema Cannabis-Legalisierung und eine andere Drogenpolitik nicht verschwinden, sondern muss massiv in die Öffentlichkeit getragen werden. Positive Berichte zum Film „Breaking the Taboo“, der auch in den deutschen Massenmedien, sogar in der konservativen FAZ, zu Artikeln geführt hat, die eine deutlich andere Sprache sprechen, als die gebetsmühlenhaften Wiederholungen der immer gleichen, falschen, Argumente einer Mechthild Dyckmans, machen deutlich, dass nun die Chance da ist, nach Jahrzehnten endlich etwas zu bewegen.

weedstorm austriaDas betrifft nicht nur Deutschland. Auch in Österreich ist 2013 ein Wahljahr. Dort wird der Nationalrat (vergleichbar mit dem Bundestag) gewählt. Und dort gibt es die Initiative Wahl 13, die es sich zum Ziel gemacht hat, die Cannabis-Legalisierung in den Wahlkampf zu tragen. Auch diese hat die Operation Weedstorm adaptiert und führt sie heute am 06.01.2013 um 20:00 durch. Meine österreichischen Leser haben also noch die Möglichkeit teilzunehmen.

Die diesjährige Hanfparade steht unter dem Motto: Meine Wahl – Hanf legal! Als politischer Mensch ist das natürlich mein Motto und dieses Jahr wird ein Jahr des Kampfes – nicht nur des Wahlkampfes – sondern auch des verstärkten Kampfes für die Legalisierung. Wenn dafür neue, ungewöhnliche Schritte nötig sind, müssen wir auch diese gehen.

Hier findet ihr die Facebook-Seite der Urheber der Aktion und alle nötigen Infos und Termine. Die Aktion, sowohl die deutsche wie die österreichische, und auch diesen Artikel auf Facebook zu teilen versteht sich von selbst.

Umfrage zur Spendenkultur: Was wir von den USA lernen müssen

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Wir bejubeln die professionelle, von Erfolg gekrönte, Lobbyarbeit in den USA, die zu nie für möglich gehaltenen, erdrutschartigen Durchbrüchen für die Legalisierungsbewegung geführt hat. Was wir dabei gerne übersehen ist, wie viel Arbeit und vor allem Geld dahinter steckt, das die Kampagnen im Vorfeld der Volksabstimmungen erst ermöglicht hat.

Money

Macht den Weg frei – auch für die Legalisierung! (CC-Lizenz)

Die private Spendenkultur in den USA ist sehr viel ausgeprägter als hierzulande. Charity ist in den USA, vom Mittelstand bis zu den Superreichen und Stars, ein fester Bestandteil des Lebens. So egoistisch man dort im Bezug auf allgemeine, staatliche Sicherungssysteme für alle ist, so großzügig ist man gleichzeitig bei der freiwilligen Unterstützung sozialer oder politischer Engagements. Davon hat NORML profitiert. Ohne die verbreitete Spendenkultur wäre keine Kampagne möglich gewesen. NORML hatte und hat Millionen Dollar zur Verfügung um TV-Werbespots, Lobbyarbeit und professionelle Kampagnen durchzuführen.

Das sieht in Deutschland anders aus. Der DHV (andere Initiativen sind dem Mainstream und sogar den meisten Legalisierungs-Aktivisten nicht einmal bekannt) hat im Jahr etwa 80.000 € zur Verfügung. Damit kann man nicht viel erreichen. So banal es klingt – aber Lobbyarbeit (egal wie man sie betreibt) hat vor allem mit dem eingesetzten Geld zu tun.

Bei geschätzten 4 Millionen Kiffern in Deutschland käme man sehr schnell auf 40 Millionen €, wenn jeder Kiffer nur 10€ pro Jahr spenden würde. Das hieße Verzicht auf 1 Gramm Gras pro Jahr zu Gunsten der Lobbyarbeit. Man sollte meinen, das Ziel eines angstfreien, qualitativ gesicherten Konsums wäre das wert. Eine Situation, wo man sich nicht mehr täglich fürchten muß, dass die eigene Existenz vernichtet wird, der Führerschein weg ist, oder man gesundheitlichen Schaden durch Streckmittel erleidet. Ein bisschen Geld für eine große Sache. Aber bislang sieht man, dass (mit dem Portemonaie abgestimmt) all das wohl, in der Gemeinde der Cannabiskonsumenten, keinen großen Stellenwert hat. Der DHV muss ja auch nicht die einzige Option sein. Ich bin durchaus offen dafür eine Organisation (am besten als Stiftung oder gemeinnützigen Verein und nicht als Firma – wie der DHV – ein großes Manko, da die Spenden an den DHV nicht steuerlich absetzbar sind und somit keine Großspender generiert werden) zu gründen, die sich einzig dem professionellen Lobbying und der Medienarbeit widmet. Betreiber von Head- und Growshops könnten dort spenden und damit ihre Steuerlast auf nahezu null reduzieren, wenn man nur steuerabzugsfähige Spendenquittungen ausstellen könnte.

Der Schlüssel zu erreichbaren und zeitnahen Erfolgen ist auf jeden Fall Geld. Daher muss ein Hauptaugenmerk von jedem ernsthaften Aktivisten, der an einer ergebnisorientierten Arbeit für die Legalisierung von Hanf und ein generelles Umdenken in der Drogenpolitik interessiert ist, auf der Akquise von Spendengeldern liegen. Dieses Denken ist in der deutschen Legalisierungsbewegung noch viel zu wenig angekommen.

Hier haben sich ja bislang ernsthaft Interessierte zusammen gefunden – wenn auch bislang zu wenige. Trotzdem hoffe ich, diese Umfrage – die als Dauerumfrage geplant ist, könnte langfristig einen Überblick eines möglichen Potenzials ergeben.

Wichtig ist, davon auszugehen dass die Spenden steuerlich absetzbar sind (also euer zu versteuerndes Einkommen um den gespendeten Betrag reduziert wird – nicht wie beim DHV, wo man von seiner Spende gar nichts hat und selbst dem DHV von der Spende noch 19% Umsatzsteuer abgezogen werden, da er eben eine Firma, und kein gemeinnütziger Verein, ist). In dem Modell das mir vorschwebt, gibt es natürlich Spendenquittungen die ihr steuerlich geltend machen könnt.

Eine Umfrage erhält ihre Relevanz aus der Zahl der Teilnehmer. Daher bitte ich euch darum, diese Umfrage auf Facebook zu teilen, oder auf euren Seiten zu verlinken. Beim Artikel zur Abstimmung zu Cannabis-Clubs im deutschen Bundestag, wurde mein Artikel allein von hier aus 322 Mal geteilt. Langfristig hoffe ich bei der Umfrage auf min. 1500 Teilnehmer. Ich hoffe, dass eine Laufzeit von 1 1/2 – 2 Monaten dafür ausreicht.

Dokumentation “Breaking the Taboo” und die UN-Petition: End the War on Drugs

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Filmplakat Breaking the Taboo (zum Teilen freigegeben)

Filmplakat Breaking the Taboo (zum Teilen freigegeben)

Seit einigen Tagen kann man den, mit Spannung erwarteten, Dokumentationsfilm “Breaking the Taboo” nun auf Youtube (und auch direkt hier) ansehen. Es geht voran: „Breaking the Taboo“ ist die wohl „prominenteste“ Pro-Legalisierungs-Dokumentation aller Zeiten. Bill Clinton überzeugt mit einigen sehr differenzierten Aussagen, die wohl so manchen überraschen. Brasiliens Ex-Präsident Fernando Cardoso trifft sich im Coffeeshop Dampkring in Amsterdam mit dem Besitzer. Generell ist der Film gespickt mit hochrangigen Regierungsbeamten und ehemaligen Staatschefs aus der ganzen Welt. Er überzeugt mit wahren und erschreckenden Aussagen, die das Problem der verlogenen Drogenpolitik und ihre Auswirkungen eindrucksvoll, hintergründig und dabei doch verständlich darstellt. Ein Film, den man gesehen haben muss.

Die einstündige Dokumentation, die in Zusammenarbeit mit der Global Commission on Drug Policy entstanden ist, beleuchtet die Auswirkungen des kontraproduktiven Krieges gegen die Drogen in ihrer Gesamtheit und offenbart die Zusammenhänge der verschiedenen Aspekte dieses erfolglosen Kampfes, den die USA nun seit über 40 Jahren führen.

Das Erstarken von skrupellosen und verbrecherischen Regimen wie der FARC-Guerilla in Kolumbien oder den Taliban in Afghanistan genauso, wie das Leid der Konsumenten in den Industrieländern. Die USA haben mittlerweile die größte Gefängnisindustrie der Welt. Die meisten Insassen sitzen dort wegen Drogendelikten ein – meist nur wegen Besitz von Drogen und davon die meisten wegen Besitz von Cannabis. Gesundheitliche Aufklärung und Jugendschutz finden nicht statt. Was die Taliban oder die FARC für die Produzentenländer sind, ist die Geißel des organisierten Verbrechens für die Konsumentenländer. Ein extremes Beispiel dafür ist die amerikanische Stadt Baltimore, deren Niedergang eindrucksvoll gezeigt wird.

Die Falschheit und Lächerlichkeit der Anti-Drogen-Kampagnen der letzten Jahrzehnte wird sehr aufschlussreich dargestellt und anhand dessen wird auch deutlich, warum ein so emotionaler und irrationaler Kampf zwischen den Gläubigen dieser Kampagnen und den Befürwortern einer Legalisierung tobt. Das ist ja auch genau der Grund für dieses Blog. Immer schon habe ich kritisiert, dass beim Thema Drogen scheinbar nur die Blinden von der Farbe reden dürfen. Die Dokumentation sieht das genauso. Immer dürfen sich nur Menschen zum Thema Drogen äußern, die niemals welche genommen haben. Sehr persönliche Aspekte dazu sind auch vom bekannten Schriftsteller Paulo Coelho zu hören.

Seine Brisanz und Ernsthaftigkeit erhält der Film aber durch Politiker wie Bill Clinton, der das Problem Abhängigkeit aus der eigenen Familie kennt, sich aber einen sehr differenzierten Blick bewahrt hat. Deutlich wird auch, dass der Krieg gegen Drogen Teil des Kampfes Rechts gegen Links ist. Der Unterschied zwischen Nixon, Reagan und den beiden Bushs und Präsidenten wie Carter und Clinton wird anhand vieler Aussagen dargestellt. Aber auch, warum selbst die demokratischen Präsidenten diesen sinnlosen Kampf, mit unzähligen Opfern auf allen Seiten, nicht einfach gestoppt haben. Die jetzige Regierung Obama hält sich daher wohl auch bedeckt und wollte zum Film kein Statement abgeben.

Insgesamt wird diese Doku jedoch als Meilenstein auf dem Weg zu einer neuen weltweiten Drogenpolitik in die Annalen der Legalisierungsbewegung eingehen, davon bin ich überzeugt. Der Ansatz, der dort verfolgt wird, deckt sich zu 100% mit meinem Eigenen. Es muss endlich die Mehrheit der Menschen überzeugt werden, dass die Frage der Legalisierung rein gar nichts damit zu tun hat, ob man nun für oder gegen Drogen ist. Die Gründe, die für eine Legalisierung sprechen sind viel größer und betreffen internationale Zusammenhänge. Das Thema ist bislang für die Mehrheit unpopulär und wird daher von den Medien entweder verschwiegen oder lächerlich und verzerrt dargestellt. Jedenfalls wird niemals ernsthaft der Kern angegangen. Das ist das Tabu, das nun endlich gebrochen wurde. Eine Legalisierung aller Drogen ist eine Option – wenn man mich fragt die Einzige.

Daher bitte ich jeden, die UN-Petition zur Beendigung des War on Drugs und der Prohibition zu unterzeichnen: Entweder hier oder gleich auf der Homepage der Dokumentation – es handelt sich um dieselbe Petition. Diese Petition gibt es schon länger als den Film. Die ersten 500.000 Unterschriften wurden Ban Ki Moon, dem UN-Generalsekretär schon im Frühjahr übergeben, der daraufhin eine neue UN-Taskforce gründete. Aktuell sind nun 662.000 Unterschriften gesammelt. Ziel sind 750.000 – allerdings denke ich, nach der Veröffentlichung von Breaking the Taboo wird diese Zahl deutlich überschritten werden.

Breaking the Taboo – kompletten Film (ohne Werbevorspann) hier ansehen:

BtMG: Vorbereitung auf die nächste Runde

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The same procedure as last year, Miss Merkel? The same procedure as every year BfArM! Auch im kommenden Jahr wird so weitergemacht wie bisher. Ein Stoffgruppenverbot ist wohl auch in der 27. Änderung des BtMG nicht zu erwarten. Besonders beliebte, oder bekannt gewordene Substanzen stehen im Fokus der Repressionspolitiker. Die Mischung ist auch die selbe wie in den vergangenen Jahren: Einige Upper, einige Downer, ein bekanntes Medikament und ein paar synthetische Cannabinoide – einzig MXE fällt als beliebter Ketamin-Ersatz und dissoziatives Psychedelikum aus dem üblichen Rahmen heraus. An der altbekannten, unzulänglichen Vorgehensweise ändert sich jedoch nichts.

Es geht um das Spiel mit der Sinneswahrnehmung – Klick mich

Am 3. Dezember 2012 tagt der Sachverständigenauschuss für Betäubungsmittel im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in Bonn. Die Tagesordnung kann man hier bereits finden. Zwar ist die 26. Änderung des BtMG gerade erst in Kraft getreten, doch scheint man dort bereits die 27. Neuauflage vorzubereiten. Für das nächste Jahr stehen besonders beliebte Research Chemicals wie das Ketamin-ähnliche MXE (Methoxetamin), 6-APB, der Methcat-Nachfolger 3,4-DMMC und auch einige synthetische Cannabinoide sowie, das seit Michael Jacksons Tod bekannte, Propofol auf dem Programm, um nur einige Substanzen zu nennen. Ob die Regierung damit wirklich bis zur nächsten BtMG-Änderung wartet, oder ob es ein Vorab-Verbot (wie damals bei JWH-018) durch das Gesundheitsministerium geben wird, steht in den Sternen.

In den einschlägigen Foren ist seit gestern, als die Tagesordnung bekannt wurde, schon von Hamsterkäufen die Rede. Die anvisierten Verbote kurbeln den Research Chemical Markt also bereits an. Die Vendors wird es freuen – können sie sich doch auf zukünftige Verbotsszenarien im Absatzmarkt Deutschland schon frühzeitig einstellen und, dank der ebenso informierten Kundschaft, ihre Lagerbestände noch schnell abverkaufen. Sorgen um die Zukunft müssen sie sich nicht machen, denn wie bereits im Artikel zum EU-Drogenbericht erwähnt, sind noch genügend neue Stoffe in der Pipeline.

Wenn irgendjemand das, in der Werbung so beliebte, Wort NEU wirklich für seine Produkte inflationär benutzen kann, sind es die RC-Vendors. Die haben wirklich ständig neue Produkte im Sortiment. Der Gesetzgeber rennt ihnen hinterher und das wird sich in Deutschland, wie es die Tagesordnung des BfArM nahelegt, auch nicht ändern.

Wenn man eine echte Repression, wie bisher bei den bekannten Drogen, möchte, kann man dem RC-Markt nur mit einem Analog-Gesetz wie in den USA begegnen. Warum dies verfassungsrechtlich in Deutschland schwer umsetzbar ist, habe ich ebenfalls bereits im Artikel zum EU-Drogenbericht dargestellt. BtMG, AMG und GüG stoßen mittlerweile einfach an ihre Grenzen. Dem ist auch nicht mit immer inflationäreren Ergänzungen des BtMG beizukommen.

Statt jedes Jahr dutzende (von tausenden) synthetische Cannabinoide zu verbieten, könnte man diesen Markt ganz schnell durch eine Legalisierung von Cannabis austrocknen. Kaum jemand würde diese Stoffe noch nachfragen, wenn er sicheren Zugang zu gutem Marihuana von gleichbleibender Qualität zu einem vernünftigen Preis hätte. Das belegen Umfragen in den entsprechenden Foren.

Andere neue Substanzen haben ihren Weg ebenfalls als Ausweichstoffe für ähnliche, bereits verbotene, Stoffe begonnen. Dieser Trend ist jedoch, einmal in die Welt gesetzt, nicht so einfach rückgängig zu machen wie bei den Cannabinoiden, denn auch Substanzen wie das erst seit Ende 2010 gängige MXE haben mittlerweile ihre feste „Fangemeinde“.

Der Wille vieler Menschen Drogen zu konsumieren – seien es nun erprobte, und in vielen Kulturen einst verankerte, Naturprodukte wie Hanf, Kokablätter, psilocybinhaltige Pilze, meskalinhaltige Kakteen oder Khat, oder auch eher neue synthetische Stoffe mit unbekannten Risiken ist nun einmal vorhanden und nicht zu leugnen.

Ihm mit den Mitteln des Strafrechts zu begegnen wurde nun lange probiert – ohne Erfolg. Es ist wirklich höchste Zeit für ein völlig neues Denken und dafür, sich mit dieser Thematik auf eine andere Weise auseinanderzusetzen. Das kann nur gemeinsam geschehen und ich wäre auf Ideen und Vorschläge der Leser sehr gespannt.

Größte weltweite Umfrage zu Drogen startet heute

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Am heutigen Donnerstag, hat die diesjährige Umfrage des IDPC (International Drug Policy Consortium) begonnen. Die weltgrößte, unabhängige Untersuchung zum Drogengebrauch, erhebt detaillierte Daten zu Erfahrungen mit Drogen, den Motiven des Konsums und den juristischen oder medizinischen Auswirkungen. Im letzten Jahr haben 15.500 Menschen an der Umfrage teilgenommen. Ziel ist eine objektive und offene Debatte zur Drogenpolitik.

Drogen - Es gibt viele Aspekte

Drogen – Es gibt viele Aspekte

Wie ich bereits in meinem Artikel zum EU-Drogenbericht schrieb, werden die Trends beim Drogenkonsum immer vielfältiger, und die Erkenntnisse darüber sind mangelhaft. Oft herrschen Unkenntnis und Klischees, sowohl bei Medien als auch bei den Mitbürgern. Ein politisches und gesellschaftliches Umdenken wird so schwierig. Mehr Information hat bisher nur Gutes bewirkt. Wenn auch nicht ansatzweise genug geschehen ist, so zeigen doch die Kommentare zu vielen Artikeln über Drogen in den Massenmedien, dass bereits viele aufgeklärte Menschen unter uns leben, die längst eine andere Politik einfordern.

Die Umfrage, die von der britischen Zeitung The guardian und einigen anderen Medienpartnern unterstützt wird, ist sehr vielfältig und legt den Fokus nicht primär auf Gefahren und negative Auswirkungen, wie der EU-Drogenbericht, sondern sie fragt sehr individuell und zu den unterschiedlichsten Bereichen. Es geht um positive und negative Erfahrungen und Themenbereiche.

Auch Fragen zur internationalen Drogenpolitik sowie strafrechtliche und andere Konsequenzen, die Menschen in den diversen Ländern zu tragen haben, denen Drogenbesitz nachgewiesen wurde, werden thematisiert. Die Fragen reichen von Auswirkungen auf die Partnerschaft und das persönliche Umfeld über individuelles Erleben der Wirkung bis zu medizinischen Aspekten. Die Umfrage ist sehr umfangreich und dauert – je nachdem wie viele Drogen jemand konsumiert auch recht lange – dafür ist sie aber auch genau.

Für die Umfrage ist ein Zeitraum von 4 Wochen vorgesehen – also bis kurz vor Weihnachten. Ziel ist eine Teilnehmerzahl von 50.000 Personen. Die Ergebnisse der Umfrage werden im März/April 2013 veröffentlicht.

Die Umfrage ist natürlich geheim, wer möchte kann aber Feedback bekommen. Auch eine verschlüsselte Wiedererkennung anhand von bestimmten Angaben ist möglich, um nachher seine Angaben in Relation zum Ergebnis zu sehen. Ich habe selber bereits teilgenommen. Die Fragetechnik ist individuell auf die vorherigen Antworten bezogen – das bedeutet, das nicht jeder die gleichen Fragen gestellt bekommt, sondern sich nach einer bestimmten Antwort darauf bezogene weitere Fragen anschließen.

Die Teilnehmerzahl ist schon jetzt (ca. 5 Stunden nachdem die Umfrage startete enorm – ca. 8500). Die Fragen werden auf Englisch gestellt.

Ich denke diese Umfrage ist eine große Chance, für ein realistisches Bild von Drogenkonsum (und eben nicht von Abhängigkeit) in der Öffentlichkeit zu sorgen. Auch das die größte Nebenwirkung Strafverfolgung ist, kann man dort durch seine Antworten unterstreichen. Zudem werden detaillierte Fragen zu Eurem Verhalten in verschiedenen Legalisierungs- oder Entkriminalisierngsszenarien gestellt.

Es wäre schön, wenn viele Leser diesen Artikel bzw. die Umfrage auf Facebook teilen – gleich unter dem Artikel möglich.

Hier geht’s zur Umfrage.

 

EU-Drogenbericht: Research Chemicals überfordern Politiker und Medien. Juristen suchen Lösungsansätze

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Am 15.11.2012 hat die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) ihren Jahresbericht veröffentlicht. Die Massenmedien haben vorgestern bereits darüber berichtet. Diese Artikel waren oberflächlich, fehlerhaft und erfassten vor allem nicht den Kern des Problems, der im Bericht der EU-Drogenbeochachtungsstelle deutlich wird – von möglichen Lösungsansätzen war erst gar nicht die Rede. Dieses Blog legt bekanntlich den Fokus auf die Hintergründe und tiefere Beschäftigung mit der Thematik Drogenpolitik. Manchmal muss die Aktualität deshalb unter der Qualität leiden. Daher veröffentliche ich diesen Artikel erst heute. Im Gegensatz zu Spiegel Online, ZEIT-ONLINE und anderen, biete ich jedoch fundierte Informationen verständlich aufbereitet, so dass der Leser nach der Lektüre tatsächlich über diese hochkomplexe Thematik und die Fragestellungen, die sich daraus ergeben informiert ist, und sich kompetent eine eigene Meinung bilden kann. Ich hoffe dafür sind 2 Tage Wartezeit nicht zu lang.

Research Chemicals werden vor allem in der Partyszene konsumiert - Bild unter CC-Lizenz

Research Chemicals werden vor allem in der Partyszene konsumiert – Bild unter CC-Lizenz

Aus dem aktuellen Jahresbericht der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht, geht klar hervor, dass der Konsum von klassischen Substanzen wie Kokain oder Heroin entweder stagniert oder rückläufig ist. Zu Cannabis geht der Bericht von 22,5 Millionen Konsumenten in den Ländern der Europäischen Union aus. Der Konsum von Cannabis bei jungen Erwachsenen sei rückläufig.

Insbesondere Heroin erfreut sich keiner großen Beliebtheit mehr. Das verwundert nicht, liegt doch der Reinheitsgrad von, auf der Straße gehandeltem, Heroin nur noch zwischen 3 – 7%. Der Rest sind zum Teil toxische oder verunreinigte Streckstoffe. Sogar Fälle von Milzbrand durch verunreinigtes Straßen-Heroin tauchen immer wieder auf. Davor warnen Drogenberatungsstellen schon seit einigen Jahren. Viele der langjährig Abhängigen sind zudem in Substitutionsprogrammen. Die dort verschriebenen Stoffe wie Buprenorphin (in Deutschland unter dem Markennamen Subutex bekannt), oder Methadon und Levo-Methadon (Polamidon) werden teilweise in Konsumformen benutzt (Buprenorphin nasal, Polamidon i.V.), die ebenfalls eine stärkere Wirkung versprechen, als der vorgeschriebene orale Konsum. Auch werden diese Substanzen, genau wie starke Schmerzmittel aus der Stoffgruppe der Opioide wie Oxycodon, Hydromorphon oder Fentanyl, bereits auf dem Schwarzmarkt gehandelt und sind für die Konsumentengruppe der Opioid-Abhängigen weitaus attraktiver geworden als Heroin (Diacetylmorphin), das seinen Weg ja ebenfalls als Arzneimittel von Bayer begann, aber noch lange nach seinem Verbot, zur Boom-Zeit in den siebziger und achtziger Jahren als hochpotentes C4-Heroin (damals bekannt unter dem Synonym „China-White“) auf dem Schwarzmarkt erhältlich war.

Wirklich interessant wird der Bericht zum Bereich der neuen synthetischen Substanzen. Diese tauchen in den Medien immer wieder unter den Bezeichnungen „Designerdrogen“ oder neuerdings „Legal-Highs“, weniger verbreitet unter dem Begriff „Research Chemicals“ auf.

Um zunächst die Begrifflichkeiten und deren Hintergründe zu definieren, die von einer uninformierten Presse und auch von der Politik immer wieder durcheinandergeworfen werden, möchte ich diese einmal definieren. Im Voraus muss ich erwähnen, dass wenn es allein um die chemische Struktur der von diesen unwissenschaftlichen Begriffen erfassten Substanzen ginge, die Begriffe „Designerdroge“ und „Research Chemical“ austauschbar wären. Daher stelle ich die Begriffe in ihrem zeitlichen Kontext anhand bekannter Fälle dar.

Designerdrogen

Als gegen Ende der achtziger/Anfang der neunziger Jahre MDMA (unter dem Namen Ecstasy bekannt) seinen Boom erlebte, kam der Begriff der Designerdrogen auf. Dieser bezeichnet vollsynthetische, psychoaktive Stoffe – fast alle aus der Gruppe der Amphetaminderivate. Diese waren allerdings kaum wirklich neu, sondern oft eher aus der Mottenkiste der Pharmaindustrie gezaubert. MDMA beispielsweise ist ein Patent von Merck aus dem Jahr 1913. In den 1960er Jahren wurde die Substanz von Dr. Alexander Shulgin (eine Schlüsselfigur im Bereich der synthetischen Phenetylamine und Tryptamine) wieder ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Da MDMA aber bereits 1986 in Deutschland, als nicht verkehrsfähig, ins BtMG aufgenommen wurde, war die Substanz bereits vor ihrem Boom nicht mehr legal.

typisch verpackte, genau beschriftete Research Chemical

Research Chemicals

Ganz im Gegensatz zu den Stoffen, die heute unter dem Oberbegriff Research Chemicals gehandelt und konsumiert werden. Diese Stoffe sind wahre Neuentwicklungen und gehen zu einem wichtigen Teil auf die, in den Büchern PIkhal (Phenetylamins I have tried and loved) und TIkhal (Tryptamins I have tried and loved), von Alexander Shulgin und seiner Frau Ann, veröffentlichten Erfahrungen mit diesen Substanzen samt Syntheseanleitungen zurück. Allerdings enthält PIkhal 179, TIkhal 55 Substanzen. Mittlerweile gibt es jedoch mehrere Tausend Research Chemicals. Käufer von Research Chemicals sind meist gut informierte Konsumenten, die Substanzen von nahezu völliger Reinheit (98 – 99%) unter ihrem korrekten chemischen Namen nachfragen. Die Anbieter dieser Substanzen, die ausschließlich über das Internet vertrieben werden, nennt man nicht Dealer, sondern Vendors (Bereitsteller). Auch unter diesen gibt es schwarze Schafe, die betrügerisch agieren (siehe den Blogroll-Link: „Safe or Scam“) oder unsauber synthetisierte Stoffe (meist aus China) anbieten. Deren Lebensdauer ist jedoch, aufgrund der informierten Kundschaft, eher kurz. Verunreinigte Produkte sind bei den Research Chemicals also eher selten und einer der Gründe, neben der Legalität und der teils enormen Wirkung, warum Konsumenten diese Substanzen den bekannten Schwarzmarkt-Drogen vorziehen. Großes Risiko bleiben unbekannte Langzeitfolgen des Konsums, sowie der sichere Umgang mit diesen hochpotenten Reinstoffen, bei denen man zur Dosierung (die oft im mg-Bereich liegt) schon über eine Feinwaage verfügen muss. Augenmaß wie bei Speed (Straßen-Amphetamin) geht dabei oft nicht gut. Research Chemicals gibt es mittlerweile in vielen Stoffgruppen (Phenethylamine, Tryptamine, Cannabinoide, Opioide uvm.) Research Chemical Vendors bieten keine illegalen Stoffe an. Zwar variieren die gesetzlichen Regelungen dazu weltweit, jedoch wird meist dazu aufgefordert, sich über seine nationale Gesetzgebung zu informieren und der Versand in bestimmte Staaten wird abgelehnt. Ist ein Stoff am Geschäftsstandort des Vendors verboten, wird dieser nicht mehr angeboten.

typisch verpackte Legal-High-Produkte

Legal Highs

„Legal-High“ ist eigentlich ein Werbebegriff von Händlern, die gestreckte Research Chemicals unter frei erfundenen Markennamen anbieten und die Kunden über die Inhaltsstoffe ihrer Produkte völlig im Unklaren lassen. In die Öffentlichkeit drang dieser Begriff erstmals durch die sogenannte „Kräutermischung“ Spice. Gab der Hersteller (The Psychedeli aus England) an, die Mischung mit cannabisähnlicher Wirkung bestünde nur aus diversen legalen Kräutern, fand THC-Pharm nach einer Analyse heraus, dass die synthetischen Cannabinoide JWH-018 und CP-47,497 für die Wirkung verantwortlich waren, mit denen die Kräuter versetzt wurden. Auch wenn mittlerweile einige synthetische Cannabinoide bereits vom BtMG erfasst sind, sind die Variationsmöglichkeiten bei mittlerweile zwischen 1500 und 2000 Stoffen sehr vielfältig. Daher tauchen ständig neue „Kräuter- bzw. Räuchermischungen“ unter neuen Namen auf, die allesamt diverse, noch legale, synthetische Cannabinoide enthalten. Nach den Kräutermischungen wurden dann die sogenannten „Badesalze“ populär. Diese weißen Pülverchen, die Grammweise verkauft und unter Phantasienamen wie Snow angeboten werden, enthalten geringe Mengen hochwirksamer, aufputschender Substanzen wie MDPV (Methylendioxypyrovaleron) oder Mephedron – die nun ebenfalls von der 26. BtMG-Änderung erfasst werden, aber genau wie bei den Kräutermischungen, gibt es noch viele Stoffe mit ähnlicher Wirkung, so dass auch dieser Trend nicht durch die aktuellen Bemühungen gestoppt werden kann. Die Analyse vieler Badesalze und Kräutermischungen kann man unter dem Link: „Legal High Inhaltsstoffe“, ebenfalls in der Blogroll zu finden, nachsehen.

In den Fokus von Staat und Öffentlichkeit gerückt sind die Research Chemicals also durch den inflationären Vertrieb von Legal-High-Produkten. Die Kunden, die diese Produkte nachfragen sind meist ahnungslos und häufig sogar Teenager. Im Vergleich zu den Reinstoffen, sind diese Produkte völlig überteuert und nur deshalb zu dosieren, weil so wenig vom eigentlichen Wirkstoff enthalten ist. Trotzdem gibt es Vorfälle damit. Die Kunden sind unerfahren und wissen nicht einmal, was sie da überhaupt konsumieren. Viele greifen auch aufgrund mangelnder Kontakte zu Dealern illegaler Drogen auf diese Produkte zurück. Die Research Chemical-Szene gibt es schon seit Jahren und auffällig wurde sie nie. Erst die skrupellosen Legal-High-Händler riefen den Gesetzgeber auf den Plan.

Der EU-Drogenbericht konstatiert, dass der EBDD und Europol im Jahr 2010 41 und 2011 39 (laut Pressemitteilung zum Jahresbericht, in den meisten Artikeln dazu ist jedoch immer von 49 zu lesen)neue Substanzen gemeldet wurden. Der EBDD sind aktuell ca. 600 Online-Shops bekannt die eine Vielzahl psychoaktiver Stoffe anbieten.

Es findet ein Hase und Igel-Spiel zwischen den Herstellern und Händlern der neuen Substanzen und den Gesetzgebern in den verschiedenen Ländern statt. Die bisherigen legislativen und juristischen Möglichkeiten werden immer unzureichend bleiben, wenn das Ziel neue Verbote von bislang unbekannten Substanzen sein soll. Ein Analogue-Act, wie in den USA oder ein Stoffgruppenverbot wie in Rumänien, sind in Deutschland so nicht möglich. Bereits seit 2005 gibt es Überlegungen, auch in Deutschland ein Stoffgruppenverbot einzuführen.  Ein Gutachten zur Machbarkeit der Einführung einer generischen Klausel im Betäubungsmittelgesetz kommt zwar zu dem Schluss, dass ein solches Vorgehen möglich wäre, allerdings ist auch dieses Gutachten nur eine Meinung und es zeigt, wie weitgehend eine solche Gesetzesänderung wäre. Diese betrifft nämlich Rechtsgrundsätze wie den Bestimmtheitsgrundsatz, der durch das Grundgesetz in Deutschland festgelegt ist. Ein Verbot von Substanzen, die es noch gar nicht gibt – sondern nur theoretisch geben könnte, bzw. die Aufnahme ganzer Stoffgruppen ins BtMG aufgrund des reinen Verdachts einer psychoaktiven Wirkung, ist juristisch in Deutschland hochproblematisch. Verfassungsklagen dagegen haben durchaus eine hohe Chance auf Erfolg. Daher ist trotz des Ergebnisses zu dem das Gutachten von 2005 kommt, nichts in diese Richtung geschehen.

Die Problematik betrifft übrigens nicht nur die Endprodukte. Auch das GüG (Grundstoffüberwachungsgesetz) ist von der Kreativität der Chemiker betroffen und stößt an seine Grenzen. Bestimmte Grundstoffe werden vor dem Transport in andere Stoffe umgewandelt und nachher wieder in die überwachte Substanz zurückverwandelt. Auch gibt es immer neue Synthesewege für bekannte (illegale) Substanzen, so dass für die Synthese nun andere, noch nicht dem GüG unterstellte, Grundstoffe benutzt werden können.

Geht es bei Cannabis um eine seit Jahrtausenden bekannte Nutz- und Kulturpflanze, deren Konsum zu Genusszwecken ebenso alt ist, so dass die Risiken bekannter Weise gering sind. So sind die Research Chemicals sehr neue, menschgemachte Stoffe mit, zumindest, unbekannten Langzeitrisiken. Ist bei Cannabis der Weg der Legalisierung vorzuziehen, wodurch übrigens auch die Kräutermischungen mit den synthetischen Cannabinoiden wieder vom Markt verschwänden, da die Käufer diese ja ausschließlich als Ersatz für echtes Cannabis nachfragen, fällt mir eine Antwort bei der hochkomplexen Thematik der Research Chemicals schwerer. Erst einmal muss man die Substanzen nach Stoffgruppen betrachten, um sie einzuschätzen: Von Opioiden weiß man um die Entwicklung einer körperlichen Abhängigkeit bei Dauerkonsum. Bei Uppern und Psychedelika um die Gefahr von Psychosen bei anfälligen Personen. Dazu kommen all die unbekannten Risiken aufgrund der mangelnden Erfahrung sowohl von Konsumenten als auch von Medizinern. Andererseits ist es bei der Vielzahl der bereits konsumierten Substanzen, die nie einen Tierversuch oder gar eine Langzeitstudie am Menschen durchlaufen haben, verwunderlich das doch eher wenig passiert. Die Entwickler dieser Stoffe, wissen ja doch meist, was sie tun und früher war der Selbstversuch unter Wissenschaftlern verbreitet. Ethisch ist das ein durchaus akzeptabler Ansatz im Vergleich zu Tierversuchen, die ja auch nicht immer vor schrecklichen Folgen schützen. Die Pharma-Industrie hat (siehe Contergan-Skandal) schon schlimmere Fehler begangen als die Research-Chemical-Untergrund-Chemiker. Ein aus vielen Blickwinkeln zu betrachtendes und schwer zu beantwortendes Phänomen also. Sicher ist nur, dass dieser Markt wächst und immer mehr Konsumenten anzieht. Das hängt natürlich primär mit der repressiven Gesetzeslage und deren Folgen zusammen. Eine Antwort auf diese Entwicklung zu finden, benötigt einen fairen und aufgeklärten Diskurs.

Verzerrte Wahrnehmung: Warum gerade Suchtmediziner keine objektiven Experten sind

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Viele Befürworter einer Legalisierung oder liberalen Regulierung des Umgangs mit Cannabis, haben nach der Expertenanhörung vor dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages kritisiert, dass der Fokus zu stark auf Sucht und dem schädlichen Konsum von Cannabis durch Kinder und Jugendliche lag. In der Legalisierungs-Bewegung ist besonders Prof. Thomasius Vielen ein rotes Tuch. Warum aber gerade er und andere Suchtmediziner zu einer ablehnenden Meinung zur Cannabis-Legalisierung kommen, und wieso daran ebenfalls die Prohibition eine Mitschuld trägt, blenden die Meisten aus.

Psychiatrie – Bild unter CC-Lizenz

Von einer verharmlosenden Haltung bezüglich Marihuana, hat sich die Legalisierungsbewegung in den letzten Jahren, zugunsten von mehr Objektivität und Glaubwürdigkeit, deutlich entfernt. Die bestehenden Gefahren des Konsums werden nicht geleugnet, und niemand fordert die Freigabe für Kinder und Jugendliche. Gleichzeitig wird aber auch, ebenso wahrheitsgemäß klar gemacht, dass eben die meisten erwachsenen Konsumenten kein Problem mit dem Konsum haben – genauso wenig übrigens wie der Großteil der Alkohol-Trinker, die immerhin 95% in unserer Gesellschaft ausmachen. Genützt hat diese Strategie bislang nicht.

Geht es um Cannabis-Konsum, so ist immer sehr schnell von den Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche die Rede – und da meist auch noch von extremen Problemkonsumenten. Prof. Dr. med. Rainer Thomasius, ärztlicher Leiter des Deutschen Zentrums für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) sowie des Bereichs Suchtstörungen an der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik(UKE), tut sich seit Jahren als vehementer Kritiker jeglicher Lockerung der gesetzlichen Regelungen für den Umgang mit Hanfprodukten hervor. Das ist aus seiner Sicht auch verständlich. Versetzen wir uns für kurze Zeit einmal in Prof. Thomasius Rolle. In seinem Berufsalltag sieht er permanent nur die schwersten Fälle von hochproblematischen und psychisch abhängigen Konsumenten von Cannabis – und das auch noch ausschließlich bei Kindern und Jugendlichen, wo die Auswirkungen eines aus dem Ruder gelaufenen Konsums am gravierendsten sind. Die einzigen Menschen, die er in seinem Alltag trifft, die Cannabis konsumieren, bzw. es konsumiert haben bis sie seine Patienten wurden, sind diese Leute. Mit unproblematischen, erwachsenen Kiffern kommt er überhaupt nicht in Kontakt. Durch die Strafbarkeit exponieren sich diese Leute ja auch nicht in der Mehrheit in der Öffentlichkeit, sondern bleiben lieber unauffällig – unsichtbar. Zahlen über die Konsumenten in Deutschland können demnach nur Schätzwerte sein.

Thomasius ist zwar der bekannteste Suchtmediziner, da er zu diesem Thema gern von der Bundesregierung gehört wird. Allerdings gilt sein Erfahrungshintergrund natürlich auch für andere Suchtmediziner. Wie könnte es auch anders sein? Der Expertenstatus dieser Leute bezieht sich, wie die Berufsbezeichnung schon sagt, auf Sucht und Süchtige. Der Fehler liegt darin, diese Leute gleichsam als Experten für Cannabis und den Umgang der Mehrheit der Konsumenten mit dieser Substanz zu betrachten. Das sind diese Leute keinesfalls. Von ihnen kann kein objektives Bild erwartet werden. Zudem antworten sie z.B. bei Anhörungen nur auf Fragen, die Ihnen gestellt werden. Und diese betreffen meist auch nur den Teilbereich der Thematik, mit dem sie beruflich befasst, und für den sie somit kompetent sind. Ein umfassenderes Bild wird von ihnen nicht erwartet. Die schriftliche Stellungnahme von Prof. Thomasius zum Antrag der Linken auf Zulassung von Cannabis-Clubs zeigt dies sehr deutlich.

Problematisch ist die völlig überproportionale Gewichtung von deren Aussagen. Würde die Legalität von Alkohol nur an Erfahrungen von Medizinern bei der Behandlung jugendlicher Alkoholiker und Koma-Säufer festgemacht, wäre dies ebenso falsch. Zu Recht hielte die Mehrheit der Bevölkerung eine solche Betrachtungsweise für absurd. Bei Alkohol wird differenziert. Daher gibt es ja unsere, richtigen, Regelungen zum Jugendschutz. Diese greifen (wenn sie auch von einigen Jugendlichen umgangen, und von manchen Einzelhändlern nicht eingehalten werden) beim Alkohol recht zuverlässig, da er eine kontrollierte und legale Substanz ist, für die es in Deutschland keinen Schwarzmarkt gibt. Verstöße gegen das Jugendschutzgesetz im Einzelhandel werden geahndet und die Einhaltung wird kontrolliert. Solange Cannabis aber illegal ist und von Dealern verkauft wird, ist dies im gleichen Ausmaß nicht möglich. Eine Legalisierung ist also gerade auch im Hinblick auf Kinder und Jugendliche zu befürworten. Der Blick der Mediziner reicht da einfach nicht weit genug. Trotzdem sollten wir diese Leute nicht als Feinde wahrnehmen. Nur ein geschärftes öffentliches Bewusstsein für die Verhältnismäßigkeit zwischen unproblematischem Konsum Erwachsener und problematischem Konsum von Jugendlichen, kann diese verzerrte Wahrnehmung ins rechte Licht rücken. Dazu gehört aber viel Mut der verantwortungsvollen Konsumenten. Die Aktion zum Paragraph 218, wo sich viele Frauen unter der Überschrift: „Ich habe abgetrieben“ geoutet haben, als Abtreibung in Deutschland noch strafbar und unreguliert war, kann da als Vorbild betrachtet werden – sie war von Erfolg und einer menschlicheren Gesetzgebung gekrönt.

Strafe oder Therapie? – Bild unter CC-Lizenz

Das Damoklesschwert des Strafrechts bleibt also auch für die nötige Öffentlichkeitsarbeit ein großer Hemmschuh. Gleichzeitig generiert es auch, sogar durch positive gesetzliche Möglichkeiten einer Vermeidung von Haft wegen Straftaten, die einen Bezug zu Betäubungsmitteln haben, wie dem § 35 BtMG, neue Patienten für Psychiatrien und Entzugskliniken. Wurde der § 35 (Stichwort Therapie statt Strafe) sicher mit den besten Absichten geschaffen, so sorgt er doch für ein weiter verzerrtes Bild unter den Medizinern. Ich will gewiss nicht allen Straffälligen, die in den „Genuss“ dieser Regelung kommen bzw. diese für sich zur Haftvermeidung nutzen unterstellen, sie seien bloß Simulanten. Aber die Anzahl derer, die sich lieber als süchtig darstellen, da einige Wochen oder Monate Therapie ganz sicher angenehmer sind, als ein Jahr im Gefängnis, dürfte trotzdem nicht zu unterschätzen sein. Würde man vermuten, dass dieser Paragraph fast ausschließlich Heroinabhängige und deren Beschaffungskriminalität betrifft, liegt man falsch. Immer mehr Straftäter nutzen diese Möglichkeit, indem sie sich als cannabisabhängig darstellen, und viele kommen damit durch. So gerät Cannabis weiter in Verruf und die Statistik problematischer, und damit öffentlich registrierter und wahrnehmbarer, Konsumenten geht nach oben.

Ein realistisches Abbild der Cannabis-Konsumenten und des Verhältnisses zwischen problematischen und unproblematischen Kiffern, kann öffentlich also erst entstehen, wenn eine Legalisierung erreicht ist. Das bislang jedoch stark verzerrte Bild dieser Verhältnismäßigkeit, wird ständig als Argument gegen die Legalisierung angeführt. Das ist ein Teufelskreis der unbedingt durchbrochen werden muss. Den Erfahrungen der Suchtmediziner muss dringend ein anderes Bild entgegen gestellt werden. Das wahrheitsgemäße Bild der überwältigenden Mehrheit der erwachsenen, verantwortungsvollen Genuss- und Freizeitkonsumenten.

Washington und Colorado legalisieren Cannabis

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Heute Nacht haben die Amerikaner nicht nur Obama wiedergewählt. Zugleich fand in drei Staaten eine Abstimmung über die totale Legalisierung von Marihuana statt. Drei weitere stimmten über die Einführung von medizinischem Marihuana ab. Massachusetts führt medizinisches Marihuana ein, Washington und Colorado legalisieren komplett – heute ist ein historischer Tag.  Die Legalisierung ist da – und sie kommt nicht aus den Niederlanden, sondern aus dem Mutterland der Prohibition.

Plakat NORML

Der 6. November 2012 wird als großer Meilenstein und spektakulärer Umbruch in der Drogenpolitik in die Geschichte eingehen. Die US-amerikanische Initiative NORML für die Legalisierung von Cannabis, hat einen fulminanten Sieg errungen. Noch sind zwar nicht alle Stimmen ausgezählt, so dass ich hier noch nicht die prozentual genauen Endergebnisse bekanntgeben kann – aber am Resultat wird sich nichts mehr ändern.

In den Bundesstaaten Massachusetts, Arkansas und Montana wurde über die Einführung von medizinischem Marihuana abgestimmt, was es in Kalifornien schon seit 2009 gibt. In Massachusetts wurde die Abstimmung mit 63,4% Ja-Stimmen klar gewonnen. In Arkansas hat es mit 48,6% nicht ganz gereicht und in Montana war die Frage in der Volksabstimmung so gestellt, dass dort die Nein-Stimmen als Pro-Stimmen zu zählen sind. Dort konnten leider nur 43,4% für die Einführung von Cannabis als Medizin erreicht werden.

Der eigentliche Paukenschlag jedoch waren die Abstimmungen über die totale Legalisierung von Marihuana in Washington (der Staat – nicht mit der Stadt Washington D.C. verwechseln), Oregon und Colorado. Nur in Oregon wurde das Ziel mit 45% knapp verfehlt. Washington legalisert mit deutlichen 55,4% Ja-Stimmen und auch in Colorado kommt die völlige Legalisierung dank 54,7% (alles aktuelle Werte die sich noch verändern da im Durchschnitt erst 75% der Stimmen ausgezählt sind).  Diese Legalisierung ist lückenlos. Es gibt keine Backdoor-Problematik wie in den Niederlanden mit ihrer halbherzigen Politik. Es werden legale Arbeitsplätze geschaffen und Steuern erhoben. Ein echter Sieg der Vernunft.

Im Vorfeld hatte NORML schon verkündet es sei schon ein Sieg, wenn nur ein Staat gewonnen würde. Nun kommt gleich in zwei Staaten die Legalisierung und in zwei weiteren gibt es reguliert medizinisches Marihuana. Auch die Abstimmungsergebnisse in den Staaten, die nicht gewonnen wurden sind aus unserer Sicht als positiv zu betrachten. Immerhin zeigen die Ergebnisse (die sich fast alle um die 50/50-Marke bewegen), wie wenig Rückhalt noch in der Bevölkerung für die Prohibitionspolitik besteht. Ein echter Wandel auch und vor allem in den Köpfen – allein das ist ein Sieg.

Damit wurden Fakten geschaffen die eine Basis bilden auf die man weltweit aufbauen kann. Das ist eine wahre Sensation und der größte Lichtblick in den letzten 40-50 Jahren. Es tut sich was – und zwar gewaltig.

Allerdings kam dieser Sieg nicht ohne die nötige Vorarbeit. Dafür wurden Millionen von Dollar in die Hand genommen. NORML macht echte Lobbyarbeit in einem Ausmaß, wie es sich der DHV (Deutscher Hanf Verband) leider nicht leisten kann. Der folgende TV-Werbespot zeigt das professionelle Ausmaß der Kampagne.

 

Genau so etwas wünsche ich mir für Europa und besonders für Deutschland. Der große Unterschied (neben der Akquirierung von Spendengeldern) ist auch das offensive Auftreten der dortigen Aktivisten quer durch alle Bevölkerungsschichten. Dort versteckt man sich nicht wie hierzulande (trotz bisher teils schlimmerer Strafandrohung als bei uns). Zuerst findet der Kampf um die Köpfe statt – und der wird medial gewonnen.

Fairerweise muss man konstatieren, dass wir in Deutschland nicht die gleichen Voraussetzungen haben wie die Amerikaner. Volksabstimmungen traut man uns hierzulande ja nicht zu bzw. werden sie nur selten mal auf kommunaler Eben durchgeführt und dort dann auch nie zusammen mit anderen Wahlen (was die Sache für den Staat erheblich günstiger macht). Ergebnis ist meist eine zu geringe Wahlbeteiligung. Rot-Grün unter Schröder wollte mehr Plebiszite einführen, was jedoch damals durch die Bundesrats-Mehrheit der CDU/CSU verhindert wurde.

Trotzdem können wir auch hier den Umbruch schaffen. Der Rückhalt in der Bevölkerung wird immer größer und wir müssen die jetzige Situation nutzen und endlich aus unserem Schneckenhaus herauskommen. Die Argumente bei uns sind dieselben wie in den USA. Unserem Staat gehen Milliarden verloren durch die Kosten für die Strafverfolgung und das verschenken von Steuergeldern an die organisierte Kriminalität. Auch bei uns werden nicht-gewalttätige Leute eingesperrt und deren Lebensläufe zerstört. Wir verzichten auch auf die Schaffung von neuen legalen Arbeitsplätzen die gut bezahlt sind (im Anbau evtl. auch für „auf dem Papier“ wenig qualifizierte Menschen die heute noch Hartz-IV beziehen oder in prekären Arbeitsverhältnissen arbeiten müssen).

Die Prohibition schadet mehr als der Konsum von Marihuana. Es ist Zeit für den Umbruch. Lasst uns diese Ziel zusammen erreichen!

Wie im Spot der Kampagne rufe ich unseren Betonköpfen zu:  „WE ARE NOT GOING TO GIVE UP!“ LEGALIZE MARIJUANA – YES WE CAN!

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