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Gastbeitrag: Nicht nachdenken – fordern! Gedanken zum Antrag der Partei Die Linke

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Der Antrag auf Zulassung von Cannabis-Clubs in Deutschland, über den am 17.01.2012 im Deutschen Bundestag debattiert und abgestimmt wird, ist ein großer Vorstoß zur Entkriminalisierung von Hanfkonsumenten. Er wurde seit 2010 vorbereitet und polarisiert sowohl die Gegner, wie auch die Befürworter einer anderen Drogenpolitk. Mein geschätzter Leser und eifriger Kommentator bushdoctor, hat mir heute seine Gedanken zu diesem Antrag zugesandt, die ich an dieser Stelle gerne veröffentliche.

Ich bin von Antonio Peri eingeladen worden im Vorfeld der Bundestagsabstimmung zum Antrag der LINKEN am 17. Januar 2013 einen kleinen Gastbeitrag hier auf seinem Blog zu veröffentlichen. Diese Einladung nehme ich gerne an.

Großartig vorstellen möchte ich mich an dieser Stelle nicht. Ich trete unter dem Pseudonym „bushdoctor“ für die Legalisierung von Cannabis ein und bin hauptsächlich im Forum des Deutschen Hanf Verbandes zu finden. Mein Hauptfokus liegt in der Arbeit für den DHV. Ich bin aber kein Mitarbeiter des DHV sondern „nur“ Privatsponsor.

Mittlerweile beobachte ich die „Legalisierungsszene“ seit 1997 und was mir immer wieder auffällt, ist das Fehlen von konkreten Vorstellungen wie eine „Legalisierung“ von Cannabis in der Bundesrepublik Deutschland im Detail umgesetzt werden könnte.

Es mangelt nicht an Forderungen und Ideen, nur meistens greifen diese aus meiner Sicht immer zu kurz. Meist wird nur die plakative Forderung „LEGALIZE IT“ gestellt, ohne die real-existierenden rechtlichen Rahmenbedingungen verstanden zu haben. Auch der aktuelle Antrag der LINKEN macht hier keine Ausnahme, obwohl man davon ausgehen müsste, dass eine Bundespartei, die mitregieren möchte, gerade diese rechtlichen Zusammenhänge des „Status quo“ verstanden hat.

In einer Diskussion im DHV-Forum habe ich schon meine Kritikpunke an dem aktuellen Antrag der LINKEN formuliert, indem ich auf alle sechs Punkte dieses Antrags kurz (und zugegebenermaßen zynisch) eingegangen bin.

Es entspricht einfach nicht meinen Vorstellung von Umsetzbarkeit, wenn gefordert wird, dass 30g Cannabis vom Betäubungsmittelgesetz ausgenommen werden sollen, aber nirgends ein Gedanke daran verschwendet wird, was mit 31g Cannabis passieren soll.

Eine Ausnahme von bis zu 30g Cannabis aus dem BtmG bedeutet in meinen Augen, dass diese Menge, dann völlig „frei“ wäre und dann eventuell dem Lebensmittelgesetz (Genussmittel) unterliegt. Die weiteren Einschränkungen müssten dann in einer „Cannabisverordnung“ analog der Tabakverordnung erfolgen. Auch das Jugendschutzgesetz müsste angepasst werden, denn dort steht nichts von Cannabis sondern nur von Tabak und Alkohol.

Wie das in Punkt 4 des Antrags geforderte Werbeverbot ungesetzt werden soll, bleibt ebenso schleierhaft wie die Schaffung von neuen Gesetzen und Vorschriften für die zu installierenden Cannabis Social Clubs (CSC), die laut Antrag im Vereinsrecht angesiedelt werden sollen. Den Umgang mit Waffen in einem Schützenverein regelt das Waffengesetz. Welches Gesetz soll den Umgang mit Cannabis in einem CSC regeln? Die Zutrittsregelung „ab 18“ kriegt man noch mit einem Verweis auf § 7 JuSchG hin, wenn aber nur „namentlich Bekannten“ der Zutritt erlaubt sein soll, dann braucht man dafür wieder ein extra Gesetz.

Wie sieht es mit den Erntemengen in den CSC aus? Da fallen weit mehr als 30g an! Der Betrieb eines CSC würde eine Ausnahmegenehmigung nach §3 BtmG erfordern und die „Erntehelfer“ bräuchten ebenfalls solche Ausnahmegenehmigungen, um die angefallene Erntemenge rechtssicher handhaben zu können. Man stelle sich nur eine Polizeikontrolle vor und ein CSC-Mitglied hält gerade eine Schachtel mit 200g frisch geernteten Cannabisblüten in der Hand, auch getrocknet sind das weit mehr als 30g…

So zieht eine einfache Forderung, die sich im ersten Moment vielleicht supertoll anhört, einen ganzen Rattenschwanz an legislativen Maßnahmen nach sich. Und darauf haben diejenigen, die dem Antrag im Erfolgsfalle entsprechen müssten, nämlich die Beamten der Bundesregierung, einfach keinen Bock. Und das kann man ihnen auch nicht mal allzu übel nehmen.

Den einzigen Punkt aus dem Antrag der LINKEN, den man aus meiner Sicht vollumfänglich für gut und durchdacht befinden kann ist die Änderung des Verkehrsstrafrechts dahingehend, dass ein vernünftiger Grenzwert für THC eingeführt werden sollte.

Dies könnte aber völlig unabhängig von der Legalisierungsdebatte erfolgen mit einfachem Verweis auf die Ergebnisse der DRUID-Studien von 2011 und sollte meines Erachtens in einem separaten Antrag geschehen. Durch die vorhersehbare Ablehnung des gesamten Antrags am 17.01.2013 fällt dieser Punkt somit gleich wieder vom Tisch, was schade und unnötig ist.

Das 1997 von der ROT-GRÜNEN Landesregierung Schleswig-Holstein vorgeschlagene „Apothekenmodell“ reiht sich leider auch vollkommen in das Muster „Nicht nachdenken, fordern!“ ein.

Wie es für Apotheken rechtlich möglich sein sollte, Betäubungsmittel an Personen abzugeben, die nicht im Besitz einer BTM-Genehmigung sind, war einfach nicht bedacht worden. Kein Wunder, dass diese Forderung mit einem einfachen Verweis auf das BtmG vom Tisch gefegt wurde. Dieser Antrag beinhaltete aber zumindest die (durchdachte) Beantragung einer Ausnahmegenehmigung nach §3 BtmG für das Land Schleswig-Holstein. Die Konsumenten, die das Cannabis legal erwerben können sollten, wurden aber hierbei schlichtweg vergessen…

Für eine Forderung nach „Legalisierung“  –  und Legalisierung ist immer auch Regulierung, braucht es meines Erachtens einen durchdachten Plan, wie man alle Ziele:

  • legaler Erwerb, Besitz, Anbau (Austrocknung des Schwarzmarkts)
  • Jugendschutz
  • Werbeverbot
  • Kontrolle
  • Strafen
  • Steuereinnahmen
  • Einhalten der internationalen Verträge
  • „Drogentourismus“ (???)

unter einen Hut bringen kann, ohne zwei Jahre lang die Beamten der Bundesregierung und das Parlament mit dem Austüfteln von neuen Gesetzen und Vorschriften zu belasten.

Es wäre besser, wenn sich die „Legalisierungsbewegung“ langsam mit der Formulierung von konkreten Vorschlägen beschäftigen würde als nur zu fordern ohne nachzudenken!

Da ich mich persönlich nicht ausnehmen will, habe ich bereits angefangen nachzudenken und fordere die „Legalisierung“ von Cannabis über die Ausnahmegenehmigungen nach §3 BtmG:

„Die Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes wie auch die internationalen Suchtstoffübereinkommen müssten so ausgelegt werden, dass die Erteilung einer Erlaubnis an Privatpersonen möglich ist.“ (OVG Münster, Urteil 07.12.2012, Az: 13 A 414/11)

Einen konkreten Vorschlag hierzu arbeite ich gerade aus.

Frohe Weihnachten und ein kleiner Jahresrückblick

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Allen Freunden, Kommentatoren, Followern, Facebook-Likern und interessierten Lesern wünsche ich ruhige und friedliche Weihnachtstage. Zeit mal die Seele baumeln zu lassen, sich Zeit für seine Lieben, sich selbst und seine Gedanken und Bedürfnisse nehmen. Und dann ganz nebenbei vielleicht zu neuen Einsichten kommen. Vielen Dank an alle, die mir durch ihr Interesse in den ersten drei Monaten, seitdem ich dieses Blog ernsthaft betreibe, gezeigt haben, das Antonio Peris Buchbinderwerkstatt benötigt wird und auf einem guten Weg ist. Nun lasst uns gemeinsam wachsen.

Weihnachten APB

Trippy Christmas (CC-Lizenz)

Ich kann kaum glauben, dass erst im Oktober der erste „echte“ Artikel auf Antonio Peris Buchbinderwerkstatt, online gegangen ist. Das Design war noch später erst richtig fertig. Die Facebook und Twitter-Verknüpfungen folgten erst im letzten Monat.

Seit dem Sommer bin ich Autor bei KeinWietpas! – zu diesem Zweck brauchte ich einen WordPress-Account. Da man dann auch gleich ein eigenes Blog anmelden kann, machte ich das proforma einfach. Ich richtete es nicht wirklich ein, schrieb den ersten „Artikel“, in dem ich erklärte, das Blog sei noch „under construction“.

Während der Arbeit für KeinWietpas, kam man dann doch häufiger weg von der Situation in den Niederlanden und hin zu Deutschland und anderen Ländern. Gerade auch, weil sich in diesem Jahr so vieles in anderen Ländern (USA, Uruguay u.a.) positiv in Richtung Legalisierung von Cannabis und Umdenken in der Drogenpolitik getan hat.

Damit waren auch schon die ersten Artikel geschrieben, und das Interesse wuchs langsam. Den ersten Boom erlebte die Buchbinderwerkstatt dann beim Artikel über die Abstimmung im Bundestag, der 322 mal via Facebook geteilt, und 1700 Mal gelesen wurde. Die Abstimmung wurde dann ja leider verschoben. Antonio Peris Buchbinderwerkstatt wird am 17.01.2013 natürlich berichten, wie die Debatte und die Abstimmung verlaufen ist.

Dann zuletzt die große Diskussion über die Spendenbereitschaft, die dann sogar in Überlegungen mündete, evtl. eine Stiftung nach Vorbild von, oder in Zusammenarbeit mit NORML zu gründen. Das hat den DHV ganz schön aufgescheucht. An dieser Stelle nochmal mein herzlichster Dank an Georg Wurth, der sich die Zeit genommen hat, an einem Tag 15 Mal hier zu kommentieren. Ganz besonders denke ich auch an Maximilian Plenert (auch DHV und Akzept.ev), dessen etwas zu früh geborenes Töchterchen heute ihr erstes Weihnachten erlebt. Und mein größter Dank gilt natürlich mobo für seine Inspiration, hanfgleichstellen für seine Ideenfülle, Marcel für seine Tatkraft und natürlich allen, die hier so engagiert, kompetent und ehrlich bereit sind für neue Ideen und ernsthafte, politische Diskussionen. Ich hoffe Antonio Peris Buchbinderwerkstatt – Das Blog zur Drogenpolitik, wird im kommenden Jahr noch professioneller, größer, aktueller und spannender, ohne dabei die Zeit für hintergründige oder provokative Diskussionen zu verlieren. Ich freu mich drauf.

Vielen Dank sagt, und frohe Weihnachten Euren Lieben und Euch wünscht

Euer

Antonio Peri

OVG Münster erlaubt Schwerkranken Cannabisanbau

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Unter bestimmten Bedingungen, hat das Oberverwaltungsgericht Münster in einer Entscheidung vom 07.Dezember, die heute veröffentlicht wurde, Patienten den Eigenanbau von Cannabis erlaubt. Bisher wurden solche Anträge auf Anweisung des Bundesgesundheitsministeriums grundsätzlich abgelehnt. Das Gericht erklärte diese Praxis nun für rechtswidrig.

Durch die interne Diskussion wird diese Meldung hier eine Kurzmeldung bleiben. Der DHV hat auf seiner Seite einen ausführlichen Artikel, den Maximilian Plenert geschrieben hat. Der Artikel stützt sich auf eine Pressemitteilung der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (ACM) vom 20. Dezember 2012. Dort ist Dr. Franjo Grotenhermen ja sehr engagiert.

Dieses Blog legt den Fokus ja auf Hintergründe und auf bessere Berichterstattung zu drogenpolitischen Themen. Wenn diese Themen jedoch bereits ausführlich behandelt werden, verweist Antonio Peris Buchbinderwerkstatt nur darauf.

Hier der Link zum Artikel des DHV.

Einen kleinen Kommentar dazu gibt’s dann aber doch: Man darf abwarten und gespannt sein, ob sich deshalb in der Praxis wirklich etwas ändert. Die Bedingungen sind so eng gesteckt. Es kann sein, dass dem einfach eine verstärkte Kostenübernahme durch die Krankenkassen für cannabinoidhaltige Medikamente folgt. Die Pharmaindustrie hätte bestimmt Interesse daran. Die Erlaubnis, gilt nämlich nur dann, wenn die Kosten nicht von einer Krankenkasse übernommen werden. Auf welche Art die Bundesopiumstelle in der Praxis weiterhin Einfluss auf das BfArM nimmt, das die Genehmigungen (bisher nicht) erteilt, bleibt abzuwarten.

Auch ist das Urteil noch nicht rechtskräftig.

NORML-Germany – Nur eine Idee?

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NORML ist in englischsprachigen Ländern mittlerweile ein Markenzeichen, wenn es um die Legalisierung von Cannabis geht. Alle möglichen Initiativen finden sich unter diesem Dach zusammen. In den USA profitieren alle von der ausgegliederten Stiftung – die eine intelligente Finanzierung ermöglicht. Aus der Diskussion zur Spendenbereitschaft, hat sich eine Gründungsdiskussion zu NORML-Deutschland entwickelt. NORML.de ist bereits online (und verweist auf diese Seite) und der Kontakt zu NORML in den USA bezüglich einer Gründung des „Chapter-Germany“ ist hergestellt und wird von der US-Seite gewünscht. Der Wunsch hat also bereits konkrete Züge angenommen.

Freedom is normal

Registered Trademark – in Deutschland bisher nicht – Warum nicht?

Bei der Umfrage zur Spendenbereitschaft hatte ich schon meine Hintergedanken. Die waren zunächst darauf gerichtet, warum es in den USA die Bereitschaft gibt, Millionen Dollar für eine Lobbyvertretung der zig Initiativen für die Hanf-Legalisierung  zu spenden. Diese Bewegung tritt ganz offen für die Legalisierung von Hanf als Rauschmittel auf – Working to reform Marijuana laws. Die nennen sich nicht: Working to reform laws concerning hemp oder ähnlich.

Sie verschieben den Fokus also nicht weg vom kiffen – das ist ohnehin nicht möglich, auch wenn das Hanf-Verbot natürlich mit viel mehr zu tun hat. Der Fokus ist seit genug Jahrzehnten nur auf dem Gebrauch von Hanf als Rauschdroge – und damit müssen wir auch umgehen. In diesem Punkt bin ich klar beim Deutschen Hanf Verband (DHV), der das auch so handhabt.

Wir werden keine Massen mobilisieren, um den Gebrauch von Industrie-Hanf als z.B. Dämmmaterial (den es bereits wieder gibt) zu erkämpfen. Es geht hier klar um den menschlichen Konsum der, wie bei allem,  positive wie negative Auswirkungen haben kann.  Damit geht es natürlich auch um die Verwendung von Hanf als Arzneimittel und um die Aufklärung zum rekreativen Gebrauch.

Darüber hinaus geht es jedoch auch darum, welche Auswirkungen die bisherige Gesetzeslage in Deutschland (und gerade im Bezug auf andere Drogen) auch international hat. Drogenkonsumenten, und der Fakt, dass bei Ihnen die Auswirkungen der Prohibition oft zerstörerischer wirken als die Drogen selbst, sind da nur ein Aspekt.

Trotzdem plädiere ich für ein Auftreten, dass mehr Mainstream-konform ist. Den Fokus klar auf die politische Zielsetzung gerichtet. Keine Warnungen vor, mit Brix-gestrecktem, Gras aus den Coffeeshops in Nijmegen. Keine klare (nach außen hin) Fokussierung auf den Konsumenten. Sondern professionelle Lobbyarbeit im Hintergrund und professionelle Information für die, die es zu überzeugen gilt (die Konsumenten sind ohnehin in Ihrer Mehrheit überzeugt).

NORML Australia

NORML-Australien mit eigenem Logo – mit einem guten Webdesigner hoffe ich auf Vorschläge zum Logo für Deutschland

Diversifizierung macht diese Vorgehensweise möglich. Diversifizierung bei einer, für alle unterschiedlichen Verbände und Vereine zugänglichen Finanzierung über die Stiftung.  Da kann es Vereine geben, die über die Risiken von gestrecktem Cannabis informieren – auch und gerade aktuelle Fälle. Vereine für Grower und Cannabis-Social-Club Interessierte. Landesverbände und kommunale Gruppen. Unterorganisationen für Frauenrechtlerinnen, Schwule und Lesben. Für sämtliche gesellschaftlichen Milieus kann es Teilgruppen geben, die genau diese Milieus ansprechen. So macht es NORML in den USA auch.

Das hier einfach als Idee hinzustellen, hat seinen Reiz. Ich verkenne aber auch die hiesigen Verhältnisse genau so wenig, wie ich verkenne, das NORML in der angelsächsischen Welt bereits seit langem (länger als der DHV hierzulande, den es erst seit 2002 gibt) existiert und erst jetzt Erfolge erzielt hat. Allerdings ist das Modell der angeschlossenen Stiftung bestechend. Und das halte ich, auch im Bezug auf das Anfangsthema der vorausgegangenen Diskussion,  für den Schlüssel zum Erfolg. Daran schließen sich dann auch die Kritikpunkte bezüglich des DHV an.

Der DHV ist ein Wirtschaftsunternehmen (laut Wikipedia und den Informationen von Georg Wurth eine Einzel-Unternehmung. Das soll wohl OHG heißen. Eine sehr riskante Unternehmensform und ich frage mich, wie diese dann überhaupt Deutscher Hanf Verband heißen kann – Personengesellschaften heißen doch normalerweise nach dem Inhaber. Ein einfacher Zug wäre daher schon einmal die Gesellschaft in eine UG umzuwandeln – dazu erwarte ich jedoch Kommentare von Georg Wurth und Marcel. Ganz egal welche Gesellschaftsform der DHV als private Firma wählt, bleibt aber der Fakt, das der Verband und seine Spender Steuern zahlen. Institutionelle und Großspender schreckt das ab. Auch wenn Gewerbetreibende aus dem Bereich der Cannabis-Szene (Head- und Growshops-) Spenden an den DHV steuerlich geltend machen können, wie Georg Wurth in den Kommentaren zum vorangegangenen Artikel erklärt hat.

Offiziell ist der DHV auch erst 2002 gegründet worden und damit jünger als ich mich mit der Thematik Hanf/Cannabis – auch politisch, befasse, jünger als die NORML-Bewegung und ich bin nicht jung genug, um den DHV als das Ende der Weisheit bezüglich Hanf-Lobbyismus in Deutschland anzusehen. Er bemüht sich auf einer Stufe, die zwischen den 90ern und 2012 (auch wenn es ihn so ja erst seit 2002 gibt) vielleicht hier als einzig erreichbar und praktikabel schien. In dieser Art der Arbeit hat er sich ehrlich bemüht etwas zu erreichen – wenn auch ohne (ergebnisorientiert gedacht) Erfolg. Natürlich hat der DHV Kontakte zum Bundestag und zu diversen Experten geknüpft. Die Experten, die nur durch den DHV in die Anhörung im Bundesausschuss für Gesundheit zum Antrag der Linken auf die Zulassung von Cannabis-Clubs in Deutschland gekommen sind, waren schon ein Zeichen der Aktivität. Daher ist der DHV ja auch der Spitzenverband in Deutschland, wenn es um die Legalisierung von Hanf geht. Er ist qualitativ und fachlich gut aufgestellt. Nur an den Finanzen hapert es – und damit auch an einer breiteren personellen Ausstattung und einer boulevardtauglichen Kampagnenfähigkeit.

Daher sehe ich einen Anschluss Deutschlands, als erstes Nicht-englischsprachiges Land, an die NORML-Initiative – die das Potenzial zu einer weltweiten Bewegung hat, als erfolgversprechenden Weg. NORML gibt es in Großbritannien (also England, Schottland und Nordirland), Australien, Kanada und zu den zig Unterorganisationen in den USA gibt es dort auch NORML-Organisationen (Chapter) in den einzelnen Bundesstaaten.

Das öffentliche Auftreten von NORML entspricht meinem Empfinden von einer Mehrheitsfähigkeit, die bei dem Vorhaben ein Tabu zu brechen (Drogen legalisieren) absolut unabdingbar ist. Schon der Name ist positiv und auch für Deutschland ein Vorteil. DHV ist kein Alleinstellungsmerkmal. Viele Deutsche Verbände heißen, abgekürzt, so. Die Domain gehört dem Deutschen Fachverband für Gleitschirm- und Drachenfliegen. Der gibt übrigens auch die DHV-News heraus. Der Deutsche Hochschulverband,  der Deutsche Hebammen Verband,  der Deutsche Holstein Verband, der Deutsche Hundesportverband und viele mehr kürzen sich DHV ab. Der Deutsche Hanf Verband kommt gerade mal auf Platz drei auf Google – wenn ich DHV eingebe.

Wenn ich NORML eingebe, kommen erst mal zig Seiten, wo es nur um Legalisierung von Hanf geht. Das ist also durchaus eine Marke.

Der DHV macht hochwertige, hintergründige und parlamentarisch vernetzte Arbeit, zu der alle die hier posten momentan so nicht in der Lage sind. Die Arbeit des DHV in Koordination mit den Fraktionen im Deutschen Bundestag ist nicht zu unterschätzen. Sie ist das Beste, was bisher in dieser Republik im Bezug auf die Legalisierungsarbeit erreicht wurde.

NORML NEWS

Dieses Blog bleibt mehr als das

Aber muss das auch das Ende der Fahnenstange sein? Ist das Aufspringen auf den US-Zug (dem ich eine internationale Wirkung – jetzt nach den Erfolgen, voraussage) nicht wirklich eine Überlegung wert? Norml.de gehört den Engagierten rund um dieses Blog bereits. Markenrechte an NORML gibt es in Deutschland bislang nicht. Sprachlich ist NORML (Normal) auch hier gut einzuführen. Generell ist NORML-Germany (Oder NORML-Deutschland oder auch NORML.de) eine sehr interessante Aktion, die ich zunächst nicht aufgeben möchte. Eine vorherige Interaktion mit dem DHV und dann ein gemeinsamens Handeln – sollte diese Sache konkret werden, ist dann aber notwendig, wenn die Manpower, die hier sichtbar wurde, nicht in reinem Aktionismus verpuffen soll, was schade und schädlich wäre. Dieses Blog ist und bleibt unabhängig – sowohl unabhängig vom DHV als auch unabhängig einer eventuellen NORML-Germany. Allein schon,  weil es hier um mehr als die Legalisierung von Hanf geht – auch wenn dieses das realpolitische Primärziel ist.

Wir wollen den DHV nicht überholen, ohne ihn vorher einzuholen. In den Kommentaren zur Umfrage zur Spendenkultur stand: „Vielleicht bereiteten wir hier ja gerade “nur” die nächste Evolutionsstufe des DHV vor?!“ Ich fände es hochinteressant wenn das wirklich so wäre. Das Stiftungsmodell – also ein Topf aus dem sich all die verschiedenen (und ich denke Diversifikation liegt in der Sache) bestehenden und noch hinzukommenden Initiativen finanzieren können, ist eine weitergehende Überlegung wert.

Umfrage zur Spendenkultur: Was wir von den USA lernen müssen

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Wir bejubeln die professionelle, von Erfolg gekrönte, Lobbyarbeit in den USA, die zu nie für möglich gehaltenen, erdrutschartigen Durchbrüchen für die Legalisierungsbewegung geführt hat. Was wir dabei gerne übersehen ist, wie viel Arbeit und vor allem Geld dahinter steckt, das die Kampagnen im Vorfeld der Volksabstimmungen erst ermöglicht hat.

Money

Macht den Weg frei – auch für die Legalisierung! (CC-Lizenz)

Die private Spendenkultur in den USA ist sehr viel ausgeprägter als hierzulande. Charity ist in den USA, vom Mittelstand bis zu den Superreichen und Stars, ein fester Bestandteil des Lebens. So egoistisch man dort im Bezug auf allgemeine, staatliche Sicherungssysteme für alle ist, so großzügig ist man gleichzeitig bei der freiwilligen Unterstützung sozialer oder politischer Engagements. Davon hat NORML profitiert. Ohne die verbreitete Spendenkultur wäre keine Kampagne möglich gewesen. NORML hatte und hat Millionen Dollar zur Verfügung um TV-Werbespots, Lobbyarbeit und professionelle Kampagnen durchzuführen.

Das sieht in Deutschland anders aus. Der DHV (andere Initiativen sind dem Mainstream und sogar den meisten Legalisierungs-Aktivisten nicht einmal bekannt) hat im Jahr etwa 80.000 € zur Verfügung. Damit kann man nicht viel erreichen. So banal es klingt – aber Lobbyarbeit (egal wie man sie betreibt) hat vor allem mit dem eingesetzten Geld zu tun.

Bei geschätzten 4 Millionen Kiffern in Deutschland käme man sehr schnell auf 40 Millionen €, wenn jeder Kiffer nur 10€ pro Jahr spenden würde. Das hieße Verzicht auf 1 Gramm Gras pro Jahr zu Gunsten der Lobbyarbeit. Man sollte meinen, das Ziel eines angstfreien, qualitativ gesicherten Konsums wäre das wert. Eine Situation, wo man sich nicht mehr täglich fürchten muß, dass die eigene Existenz vernichtet wird, der Führerschein weg ist, oder man gesundheitlichen Schaden durch Streckmittel erleidet. Ein bisschen Geld für eine große Sache. Aber bislang sieht man, dass (mit dem Portemonaie abgestimmt) all das wohl, in der Gemeinde der Cannabiskonsumenten, keinen großen Stellenwert hat. Der DHV muss ja auch nicht die einzige Option sein. Ich bin durchaus offen dafür eine Organisation (am besten als Stiftung oder gemeinnützigen Verein und nicht als Firma – wie der DHV – ein großes Manko, da die Spenden an den DHV nicht steuerlich absetzbar sind und somit keine Großspender generiert werden) zu gründen, die sich einzig dem professionellen Lobbying und der Medienarbeit widmet. Betreiber von Head- und Growshops könnten dort spenden und damit ihre Steuerlast auf nahezu null reduzieren, wenn man nur steuerabzugsfähige Spendenquittungen ausstellen könnte.

Der Schlüssel zu erreichbaren und zeitnahen Erfolgen ist auf jeden Fall Geld. Daher muss ein Hauptaugenmerk von jedem ernsthaften Aktivisten, der an einer ergebnisorientierten Arbeit für die Legalisierung von Hanf und ein generelles Umdenken in der Drogenpolitik interessiert ist, auf der Akquise von Spendengeldern liegen. Dieses Denken ist in der deutschen Legalisierungsbewegung noch viel zu wenig angekommen.

Hier haben sich ja bislang ernsthaft Interessierte zusammen gefunden – wenn auch bislang zu wenige. Trotzdem hoffe ich, diese Umfrage – die als Dauerumfrage geplant ist, könnte langfristig einen Überblick eines möglichen Potenzials ergeben.

Wichtig ist, davon auszugehen dass die Spenden steuerlich absetzbar sind (also euer zu versteuerndes Einkommen um den gespendeten Betrag reduziert wird – nicht wie beim DHV, wo man von seiner Spende gar nichts hat und selbst dem DHV von der Spende noch 19% Umsatzsteuer abgezogen werden, da er eben eine Firma, und kein gemeinnütziger Verein, ist). In dem Modell das mir vorschwebt, gibt es natürlich Spendenquittungen die ihr steuerlich geltend machen könnt.

Eine Umfrage erhält ihre Relevanz aus der Zahl der Teilnehmer. Daher bitte ich euch darum, diese Umfrage auf Facebook zu teilen, oder auf euren Seiten zu verlinken. Beim Artikel zur Abstimmung zu Cannabis-Clubs im deutschen Bundestag, wurde mein Artikel allein von hier aus 322 Mal geteilt. Langfristig hoffe ich bei der Umfrage auf min. 1500 Teilnehmer. Ich hoffe, dass eine Laufzeit von 1 1/2 – 2 Monaten dafür ausreicht.