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Rot-Rot-Grün in Thüringen: Koalitionsvertrag drogenpolitisch eher enttäuschend

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ERFURT – Am heutigen Donnerstag wurde der Koalitionsvertrag der rot-rot-grünen Koalition in Thüringen vorgestellt. Frank Tempel, drogenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion „DIE LINKE“ mit Wahlkreis in Thüringen, äußert sich auf seiner Facebook-Seite zwar durchaus positiv zu den drogenpolitischen Positionen, die in dem 110 Seiten starken Papier auf den Seiten 29 und 30 zu finden sind, jedoch findet sich dort keine der innovativen Forderungen zur Drogenpolitik aus den Reihen von Linken und Grünen wieder. Interessant ist jedoch, dass Drugchecking befürwortet wird – allerdings ohne eine konkrete Absichtserklärung dieses zu ermöglichen.

Hashtag rot-rot-grün in Thüringen - Drogenpolitisch bleibt der Koalitionsvertrag hinter den Erwartungen zurück

Hashtag Rot-Rot-Grün in Thüringen. Drogenpolitisch bleibt der Koalitionsvertrag hinter den Erwartungen zurück

Gerade einmal eine halbe Seite beansprucht der Punkt „Suchtprävention“, der unter „Gesundheitspolitik“ zu finden ist. Das Wort „Entkriminalisierung“ sucht man dort vergeblich. Es ist lediglich von „akzeptanzorientierten Maßnahmen“ in der Suchtprävention die Rede. Wie diese Akzeptanz aussehen soll bleibt unklar. Vermutlich sind niedrigschwellige Angebote der Drogenberatungsstellen gemeint. Generell behandelt der Koalitionsvertrag das Thema Drogen aber nur unter dem Aspekt „Sucht“ und „Suchtprävention“. Die Freizeitkonsumenten ohne Suchtproblem, die größte Gruppe der Konsumenten illegalisierter Substanzen, kommen nicht vor. Zwar ist die Rede davon, dass die bisherige Suchtpräventionspolitik evaluiert werden soll, aber Konsequenzen aus dieser Evaluierung bleiben offen.

Auf Methamphetamin, das in Thüringen aufgrund der Nähe zu Tschechien ein großes Thema ist, wird besonderes Augenmerk gelegt. Ebenso auf eine nicht-stoffgebundene Sucht, das pathologische Spielen. Spielhallen sollen stärker reguliert werden – was auch immer das heißt. Dafür will sich die neue Regierung auch auf Bundesebene einsetzen.

Auch zur Substitutionstherapie von Heroinabhängigen bleibt das Papier nebulös und unkonkret. Von „bedarfsgerechter Ausgestaltung“ der Substitution ist die Rede. Auch davon, dass geprüft werden soll, wie den behandelnden Ärzten mehr Rechtssicherheit gegeben werden kann. Konkrete Positionen zur Substitutionsbehandlung mit Diacethylmorphin (Heroin) sucht man jedoch vergeblich und geprüft werden kann so einiges. Die BtMVV (Betäubungsmittelverschreibungsverordnung) ist jedoch ein Bundesgesetz und kann nicht von einer Landesregierung geändert werden.

Das Wort „Cannabis“ kommt überhaupt nicht vor und die ambitionierten Vorschläge der linken Bundestagsfraktion zur Einführung von Cannabis-Social-Clubs finden sich im Koalitionsvertrag nicht wieder. Einzig das von den Grünen geforderte Drugchecking, dass im Bundestag genau wie der Antrag der Linken zur Einführung von Cannabis-Clubs am 17.01.2013 abgeschmettert wurde, wird im letzten Absatz des Punktes „Suchtprävention“ befürwortet. Jedoch fehlt auch hier wieder eine konkrete Absichtserklärung dieses zu ermöglichen – wohl auch, weil das über die Möglichkeiten einer Landesregierung hinausgeht.

Auch wenn sich die guten Absichten erahnen lassen, findet man außer einer Verbesserung der Präventionsangebote keine konkreten Absichtserklärungen für eine vernunftbasierte, pragmatische und humane Drogenpolitik im thüringer Koalitionsvertrag. Weder die Forderung der Linken nach Einführung von CSCs noch die Forderung der Grünen nach Einführung von Drugchecking finden sich als konkrete Absichtserklärungen. Cannabis-Clubs werden gar nicht erst erwähnt und die Möglichkeit zum legalen Drugchecking soll lediglich geprüft werden. Ein guter Wille ist zwischen den Zeilen herauszulesen – genauso aber auch die Furcht davor konkret zu werden, sich festzulegen und eventuell zu polarisieren.

Vor dem Hintergrund der Angst-Kampagne gegen Rot-Rot-Grün ist diese Vorsicht nachvollziehbar. Man will nicht auch noch mit einer fortschrittlichen Drogenpolitik den Koalitionspartner SPD und die Wähler auf Bundesebene schockieren. Keine unnötigen Angriffsflächen sollen geboten werden. Allerdings ist die SPD mit 12 Sitzen in Thüringen nicht einmal gleichauf mit der Linken, die im neuen Landtag mit 28 Sitzen vertreten ist. Zählt man noch die 6 Sitze von Bündnis90/Die Grünen hinzu, ist das Verhältnis 34 zu 12. Und anstatt die drogenpolitisch zaudernde SPD auf dem Weg hin zu einer reformierten Drogenpolitik mitzunehmen, werden Zugeständnisse gemacht. Dabei böte das „Testfeld Thüringen“ auch der SPD eine relativ gefahrlose Möglichkeit endlich über ihren Schatten zu springen und neue Wege in der Drogenpolitik zu beschreiten. Die öffentliche Meinung zum Thema Drogen ist im Wandel begriffen und es ist gar nicht sicher, ob durch innovative Modelle wirklich Wähler abgeschreckt würden. Es könnten stattdessen, gerade unter jungen Leuten, wieder mehr Menschen für politische Teilhabe gewonnen werden wenn diese sehen, dass Politik ihre Lebensrealität widerspiegelt und sich um pragmatische Lösungen und Regeln bemüht, anstatt eine weltfremde Ideologie der Abstinenz mit allen Mitteln und zum Schaden für Viele durchsetzen zu wollen.

Nächste Stufe der Aufrüstung: Polizei setzt Drohnen ein

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Der Krieg gegen die Drogen nimmt immer bizarrere Formen an. Nach Wärmebildkameras und Geruchssensoren hat NRW-Landesinnenminister Jäger (SPD) nun auf eine kleine Anfrage der Piratenpartei im NRW-Landtag geantwortet und erklärt, dass die Polizei in Nordrhein-Westfalen seit 2009 29 Mal Drohnen eingesetzt hat, um Cannabis-Plantagen aufzuspüren.

Haben heute einen guten Job im NRW-Landtag gemacht - Bild unter CC-Lizenz by Piratenpartei Deutschland

Haben heute einen guten Job im NRW-Landtag gemacht – Bild unter CC-Lizenz by Piratenpartei Deutschland

Andere Einsatzfelder gibt es bisher für das neueste Spielzeug der Polizei in NRW nicht. In einigen Fällen seien Durchsuchungen vorbereitet worden und Luftaufnahmen von Tatorten gemacht worden, aber Haupteinsatzfeld ist die Suche nach Growern. Daniel Schwerd, Abgeordneter der Piraten im NRW-Landtag bezeichnete die Einsätze am heutigen Mittwoch dann auch als schweren Eingriff in die Grundrechte und erklärte, die angewandten Rechtsordnungen seien nicht auf Drohneneinsätze ausgelegt. Zudem könnten bei den Einsätzen auch völlig Unbeteiligte gefilmt werden, wie RP-Online meldet.

Doch nicht nur in NRW nutzt die Polizei bereits Drohnen. Auch in Niedersachsen, Berlin, Hessen und Sachsen werden bereits Mikrodrohnen eingesetzt. Da auch die Bundespolizei über Drohnen verfügt, kann man bereits von einem deutschlandweiten Einsatz ausgehen. Die Drohnen sind teilweise kleiner als ein Handteller und damit kaum wahrnehmbar.

Die datenschutzrechtlichen Bedenken sind zurecht groß und auch die Schulung der Polizisten steckt wohl noch in den Kinderschuhen, weshalb es bisher eher wenige Einsätze gab. Die Kosten, unter anderem durch Abstürze, sind hoch. Trotzdem sind Polizei-Drohnen ein Thema, das in naher Zukunft massiv an Bedeutung gewinnen wird. Gut, dass die Piraten es auf die Tagesordnung gebracht haben. Die Gesetze und Verordnungen nach denen die Polizei heute handelt, sind tatsächlich nicht auf die neuen Möglichkeiten und Gefahren von Drohneneinsätzen ausgelegt. Das wird also noch ein Feld für Politiker und Juristen werden, um diese Einsätze entweder zu verhindern, oder auf eine solide rechtliche Grundlage zu stellen. Ändern werden aber auch die Drohnen am erfolglosen „War on Drugs“ nichts.

Gastbeitrag: Abgeordnetenwatch unterstützen

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Seit der enttäuschenden Bundestagsdebatte am 17. Januar stecken viele Befürworter einer reformierten Drogenpolitik den Kopf nicht in den Sand – im Gegenteil. Die drei Damen Angelika Graf (SPD), Christine Aschenberg-Dugnus (FDP) und Karin Maag (CDU) sollen sich auf ihrer ignoranten und vorsätzlich inkompetenten Haltung nicht ausruhen können. Auch bei anderen Politikern ist es gut, mit Abgeordnetenwatch ein tolles Werkzeug zur Verfügung zu haben, um Fragen zu stellen und diesen Fragen durch eine rege Unterstützung Gewicht zu verleihen. Wie das geht erklärt unser Leser Gerd50.

Banner AbgeordnetenwatchUnterstützen bedeutet nicht unbedingt: „Spendet Geld!“, obwohl diese politische Plattform dringend jeden Cent benötigt, der erübrigt werden kann. Abgeordnetenwatch ist eine Plattform, die Fragen an Politiker auf Bundes- und neuerdings auch auf Landesebene ermöglicht. In unregelmäßigen Abständen tauchen Fragen auf, die drogenpolitische Inhalte betreffen. Leider interessieren sich oft nur wenige Wähler für diese Anfragen. Unterstützen heißt demnach auch, für viele Wartende auf Fragen zu sorgen, denn je mehr Wartende eine Frage hat, desto mehr Gewicht wird ihr verliehen und desto mehr steht der gefragte Politiker unter Druck auch ausführlich zu antworten.

Wie geht das?

In jedem Frageblock gibt es unten in der vorletzten Zeile einen Button: Beim Eintreffen einer Antwort benachrichtigen

Beim Anklicken öffnet sich ein Fenster zum Eintragen der Emailadresse und ein Button: benachrichtigen

Dafür braucht man sich nicht registrieren. Wer selbst gerne Fragen stellen möchte, für den ist die Registrierung Pflicht.

Es ist nicht einfach herauszufinden, an welchen Politiker Fragen zur Drogenpolitik gestellt wurden. Doch da hilft Schwarmintelligenz. Im Forum des DHV gibt es einen Strang, in dem auf Fragen aufmerksam gemacht wird, die für uns von Interesse sind. Links zu diesen Fragen werden in Kommentaren zu diesem Artikel gepostet, und dann heißt es tätig werden. Sich zu den Wartenden auf Antwort gesellen.

Oft passiert auf Abgeordnetenwatch wochen- und monatelang nichts zum Thema Drogenpolitik. Deshalb ist wichtig, dass Du einen kurzen Kommentar zum Artikel schreibst: z.B. „Ich bin dabei“ und dann Benachrichtigung bei weiteren Kommentaren per E-Mail senden ankreuzt. Du erhältst eine Mail, wenn die Schlagzahl für Wartende auf Antwort dringend erhöht werden muss. Es macht einen Unterschied, ob zehn, einhundert oder gar tausend Wähler auf eine Antwort warten!

Die Macher von Abgeordnetenwatch freuen sich über die Unterstützung, wenn möglichst viele Menschen Antworten von Politikern einfordern und sie sich so in ihrer aufwändigen Arbeit bestätigt sehen können. An dieser Stelle herzlichen Dank für eure hervorragende Arbeit Boris Hekele, Gregor Hackmack und an eure Mitarbeiter.

Bundestag: Debatte und Abstimmung zu Cannabisclubs

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Am heutigen Donnerstag fand im Bundestag die Debatte zum Antrag der Linken auf die Zulassung von Cannabisclubs in Deutschland statt. Zudem wurde über den Antrag von Bündnis90/Die Grünen zur Ermöglichung von Drugchecking entschieden. Wie erwartet wurden beide Anträge abgelehnt. Das Desinteresse an den Anträgen von Seiten der Regierung, wurde schon durch die, an Sabotage grenzende, Uhrzeit und die kurze Dauer der Debatte deutlich. Prime-Time ist was anderes.

Nicht ganz so leer, aber auch nicht viel voller - Plenarsaal des Deutschen Bundestages - Photo by JaQoB CC-Lizenz

Nicht ganz so leer, aber auch nicht viel voller – Plenarsaal des Deutschen Bundestages – Photo by JaQoB (CC-Lizenz)

Gleich über zwei drogenpolitische Anträge wurde heute Abend gegen 22:15 Uhr im Deutschen Bundestag debattiert und abgestimmt. Der, mit Spannung erwartete, Antrag der Partei Die Linke auf Zulassung von Cannabis-Clubs und ein Antrag der Grünen, der die gesundheitlichen Risiken des Drogengebrauchs durch Drugchecking minimieren möchte.

Nicht einmal eine halbe Stunde debattierte der Bundestag, zu fast schon nächtlicher Stunde, über diese wichtigen Anträge, nachdem der Antrag der Linken, über den eigentlich bereits am 29. November letzten Jahres debattiert und abgestimmt werden sollte, auf den heutigen Tag verschoben wurde. Das Signal, dass von dieser Verschiebung und der nun erfolgten, kurzen Abhandlung der beiden Anträge nach einem Mammut-Sitzungstag (die 217. Sitzung des Deutsche Bundestages begann schon heute Morgen um 09:00) ausging, konnte verheerender nicht sein. Letztlich wollte man diese beiden Themen am liebsten gar nicht behandeln.

Wie erwartet, wurden die Anträge dann auch mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und FDP abgelehnt. Gerade die Ausführungen von Angelika Graf von der SPD hätten so genauso von Mechthild Dyckmans kommen können. Karin Maag von der CDU/CSU schreckte auch nicht vor der Plattitüde: „Es gibt kein Recht auf Rausch!“ zurück. Zudem stellt die Union mal wieder sämtliche Tatsachen auf den Kopf. Unter anderem wegen gefährlichen Beimischungen muss Cannabis verboten bleiben. Professor Thomasius musste von der Union natürlich auch wieder zitiert werden, wobei Frau Maag beinahe Professor Cannabius gesagt hätte. Spätestens beim Wort „Rauschsozialismus“ hat sich die FDP desavouiert. Hier ging es ganz klar nicht nur um die Sache, sondern hauptsächlich darum, dass die Anträge vom politischen Gegner kamen. Jeder kann die Ausführungen selbst im Sitzungsmitschnitt ansehen.

Frank Tempel, Drogenpolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke im Deutschen Bundestag, konterte die Ausführungen der Union gekonnt. Sein Hintergrund als Kriminalkommissar in der Rauschgiftbekämpfung war da natürlich hilfreich. Zusätzlich führte er die Statistiken zu Konsumentenzahlen und Jugendschutz in Deutschland und den Niederlanden an. „Auch über Drogenpolitik kann man sich kundig machen“ rief er dem Plenum zu.

Harald Terpe von den Grünen brachte all das, was hier die meisten Leser über die Prohibition wissen, noch einmal genau auf den Punkt. Er stellte die Kosten für die Repression der fehlenden Möglichkeit für präventive Maßnahmen entgegen, für die dann kein Geld mehr vorhanden ist. „Das realitätsblinde „weiter so“ in der Drogenpolitik muss ein Ende haben.“, schloss er seine Rede.

Dass die Anträge scheitern würden, war zu erwarten. Enttäuscht bin ich allerdings von der Art und Weise wie man versuchte, die Debatte möglichst bei Nacht und Nebel stattfinden zu lassen, wenn kaum ein Parlamentarier noch anwesend ist. Zudem wurde die anberaumte Zeit für Debatte und Abstimmung noch unterschritten. Die Verschiebung und Zusammenlegung des Antrages der Linken mit dem der Grünen – zu einem anderen drogenpolitischen Thema zeigt, dass das Thema Drogenpolitik ein Stiefkind der Politik ist. Die gesellschaftliche Tragweite dieses Themas wird noch immer unterschätzt. Es wird Zeit öffentlich wahrnehmbarer zu werden. Mit „Geisterdebatten“ vor einem nahezu leeren Plenarsaal um fast 23 Uhr abends erreicht man dieses Ziel sicher nicht.

Hier alle Videomitschnitte der Redebeiträge in chronologischer Folge:

Christine Aschenberg-Dugnus (FDP):

Angelika Graf (SPD):

Karin Maag (CDU):

Frank Tempel (Die Linke):

Dr. Harald Terpe (B90/Grüne):

Das vollständige Protokoll der gesamten Plenarsitzung kann man hier nachlesen. Tagesordnungspunkt 20 ist die Debatte und Abstimmung über Cannabisclubs und Drugchecking.

Kiffen macht doch nicht dumm

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Ein gewaltiges Rauschen ging Ende August durch den deutschen Blätterwald, als die Duke University in North Carolina die Studie des Forscherteams um Madeline Meier veröffentlichte, die zu dem Schluss kam, dass Kiffen langfristig die Intelligenz mindert. Nun offenbart eine neue Studie die fehlerhafte Methodik, die damals angewandt wurde und dass voreilige Schlüsse aus den Daten gezogen wurden.

DoofOnline

Bild unter CC-Lizenz

Von Bild bis Ärztezeitung findet man noch heute inflationär Überschriften wie: „Kiffen macht dumm“, „Kiffen lässt IQ-schrumpfen und macht dumm“ oder auch „Cannabis macht blöd.“ Das dem wohl doch nicht so ist, macht nun Ole Rogeberg vom Ragnar Frisch Centre for Economic Research in Oslo deutlich, wie Bild der Wissenschaft meldet. Seine eigene Studie geht von den gleichen Daten aus, die auch Madeline Meiers Team zur Verfügung standen. Sowohl Meier als auch Rogeberg nutzten die Daten der sogenannten Dunedin-Studie, einer Erhebung, bei der 1.037 Menschen von ihrer Geburt an bis zu ihrem 38. Lebensjahr regelmäßig gesundheitlich und psychologisch untersucht worden waren. Die Studie von Meier war selbst also gar keine Langzeitstudie, wie in den Medien behauptet wurde. Selbst die Ärztezeitung schreibt: „Studie über 38 Jahre zeigt: Kiffen macht dumm“. Sie stützt sich lediglich auf eine Langzeit-Studie. Rogeberg zeigt nun, dass die Daten damals fehlerhaft interpretiert wurden.

Meier und ihre Kollegen hatten anhand dieser Daten den Zusammenhang zwischen dem Cannabis-Konsum der Teilnehmer und ihrem IQ mit 13 und mit 38 Jahren untersucht. Dabei fiel ein scheinbar linearer Zusammenhang zwischen hohem Cannabis-Konsum und schlechtem Abschneiden bei IQ-Tests auf, der auch nachdem andere Faktoren (andere Drogen oder Shizophrenie) ausgeschlossen waren, bestehen blieb. Daraus allein folgerte man auf eine intelligenzmindernde Wirkung von langjährigem Cannabiskonsum.

Rogeberg belegt nun jedoch in seiner eigenen Studie, dass die sozialen Verhältnisse der Teilnehmer und ihrer Eltern allein bereits ausreichen, um ihr schlechteres Abschneiden bei den IQ-Tests zu erklären – und auch ihre vermehrte Cannabis-Nutzung. Der Zusammenhang ist also ganz anderer Natur. Eine andere Studie, deren Teilnehmer weitaus homogener waren als die der Dunedin-Studie, kam nämlich zu dem Ergebnis, dass Cannabiskonsum keinen langfristigen Effekt auf den IQ habe. Untersucht wurden dort Angehörige der weißen Mittelschicht in Kanada. „Aus den vorliegenden Daten ließe sich nicht ablesen, ob der niedrigere IQ einiger Probanden auf neurophysiologische Folgen des Cannabis-Konsums zurückgehe oder aber auf die Einflüsse der sozialen Umgebung“, sagt Rogeberg.

Zuletzt fügt er an: „Sollten die Effekte eher auf Kultur als auf Pharmakologie zurückgehen, muss dies auch bei Entscheidungen über den politischen und gesetzgeberischen Umgang mit diesem Thema berücksichtigt werden.“

Slogan zum Weltdrogentag gesucht

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Wohl zum letzten Mal fand der Weltdrogentag im vergangenen Jahr unter dem Motto: “Drogenkontrolle kontrolliert MEIN LEBEN! Dein Leben. Dein Umfeld. Dein Platz für Drogen.” Statt.  Dieser Slogan sollte für drei Jahre gelten, wird aber schon länger benutzt. Der Slogan widmet sich jedes Jahr jeweils einem der folgenden Themen: Drogenmissbrauch, Drogenproduktion und Kultivierung sowie das Illegalisieren des Drogenhandels. Ich bin gespannt auf Vorschläge zum diesjährigen Slogan.

Bisheriger Slogan des Weltdrogentages

Bisheriger Slogan des Weltdrogentages

Wie jedes Jahr findet der Weltdrogentag auch im Jahr 2013 wieder am 26. Juni statt. Der Weltdrogentag wurde auf der Vollversammlung der Vereinten Nationen 1987 als internationaler Tag gegen Drogenmissbrauch und illegalisierten Handel ausgerufen. Dieser Tag soll als Erinnerung an die Ziele der Mitgliedstaaten erinnern, eine internationale Gesellschaft ohne Drogenmissbrauch zu erschaffen.

Das Büro zur Drogen und Verbrechensbekämpfung (UNODC) wählt Themen für den internationalen Tag aus und führt Kampagnen durch, um die Aufmerksamkeit auf das globale Problem der Drogenkontrolle zu lenken. In Deutschland wird dieses Projekt von der Welt Drogen Kampagne durchgeführt. Diese Gruppe ist auch auf Facebook vertreten.

Mitmachen ist also erwünscht. Die Welt Drogen Kampagne schreibt auf ihrer Homepage:

„Wir laden alle ein, sich den 26. Juni zu markieren! Es ist eine einzigartige Gelegenheit, ein Problem anzusprechen dass uns alle angeht. Wir freuen uns über deine Unterstützung bei dieser Gesundheitskampagne, so dass sie ein großer Erfolg wird. Wenn du etwas zu dem Weltdrogentag veranstaltest, übersende uns Informationen zu der Veranstaltungen, so dass wir ein zusammen Signal für den mündigen Umgang mit Drogen senden können. Sobald die Veranstaltung vorbei ist, kannst du deine Fotos auf unserer Webseite über Flickr veröffentlichen.“

Die Macher der Kampagne sind als durchaus auf der Seite der Befürworter einer neuen Drogenpolitik. Das Motto, dass laut Verantwortlichen alle 3 Jahre geändert werden soll, ist aber nun schon etwas länger im Gebrauch und zudem recht sperrig, wie ich finde. Ein neues, griffiges Motto für den Weltdrogentag am 26.06.2013 muss also her, habe ich mir gedacht.

Was liegt da näher als meine kreative und professionelle Leserschaft zu fragen. Hier sind doch genug Blogger, Texter, Sachkundige und Aktivisten unterwegs. Lasst uns in der Diskussion zu diesem Artikel doch mal Vorschläge sammeln, und dann eine Bestenliste auswählen – gern in Form einer Umfrage. Den oder die Gewinner schicken wir dann als Vorschlag an die Welt Drogen Kampagne.

Der Weltdrogentag wäre überdies auch noch eine gute Plattform für alle hier, die sich als Aktivisten verstehen und Aktionen planen möchten. Die Welt Drogen Kampagne bittet sogar darum: „Wir möchten gerne, dass Menschen und Institutionen bei dieser Gesundheits-Kampagne mitmachen. Alle sind Eingeladen…“

Als Aufhänger für Anträge bei Ordnungsämtern zur Anmeldung von Veranstaltungen und Demonstrationen wäre der Weltdrogentag vom UNODC sicher gut zu gebrauchen. Zudem wird kostenloses Werbematerial zur Verfügung gestellt.

Nun ist noch ein halbes Jahr Zeit – genug um mit einem neuen Slogan den diesjährigen Weltdrogentag zu einem Feuerwerk an Veranstaltungen in ganz Europa werden zu lassen. Zumindest die Deutschen, Österreicher und Schweizer (und natürlich auch die deutschsprachigen Belgier) können sich hier absprechen. Facebook-Gruppen zu den geplanten Veranstaltungen sollten dann natürlich auch entstehen bzw. auf bestehenden Gruppen sollten Veranstaltungen zum Weltdrogentag geplant werden.

Die Kommunikation mit den Veranstaltern des Weltdrogentages ist sicherlich am effektivsten über Facebook zu bewerkstelligen. Ich werde es dort posten, sofern es hier eine intensive Diskussion um Slogan und Aktionen gibt. Natürlich auch ganz konservativ per E-Mail an die Homepage des Weltdrogentages.

Ich bin gespannt auf Eure Slogans und Veranstaltungs-Ideen.

Operation Weedstorm #2

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Einladungen zum Weedstorm #2 in D/A/CH

Einladungen zum Weedstorm #2 in D/A/CH

Auch wenn es bisher kein Medienecho gab, hatten die letzten Operation Weedstorm-Aktionen in Deutschland, Österreich und der Schweiz viele, sehr engagierte Teilnehmer.  Ein wenig unkoordiniert ging es bisher zu, bei den Spam-Aktionen auf großen Parteiseiten bei Facebook. Die zweite Operation Weedstorm scheint nun besser koordiniert zu sein. Zumindest findet sie nun in allen drei Ländern beinahe zeitgleich statt.

Operation Weedstorm Deutschland

Operation Weedstorm Deutschland

Nach den lezten, umfangreichen Spam-Aktionen in Deutschland, Österreich und der Schweiz, sind bei einigen noch die Kommentarfunktionen ihres Accounts gesperrt. Nun heißt es ausruhen und klug für den 13.01.2013 vorplanen. Den Anfang machen die Deutschen, hier geht es um 18 Uhr darum, auf den Seiten von CDU, CSU, SPD, FDP und Bündnis90/DieGrünen folgende Sätze zu hinterlassen:

„Dank des Verbots bleiben nicht etwa Millionen von Menschen nüchtern, sondern werden ‚bestenfalls‘ dem vergleichsweise schädlicheren Alkohol zugetrieben.“

„Mechthild Dyckmans Drogenpoltik schadet uns allen. Die Milliardenausgaben für die Verfolgung sogenannter Drogendelikte bewirken Schäden in Milliardenhöhe da sie einen beträchtlichen Teil der Kriminalität in Deutschland erst hervorbringen. Außerdem verursacht diese Politik unnötige Kosten im Gesundheitssystem und gefährdet Kinder und Jugendliche durch einen frei zugänglichen Schwarzmarkt!“

„Das Thema ist nicht Cannabis. Wenn Leute nur kiffen wollten, würden sie’s tun und wären zufrieden. Es geht hier um Gemeingefährdung, insbesondere Jugendgefährdung, Marktverzerrung zugunsten des Alkohols, um verdeckte Kriminalitätsförderung durch den Staat, um die Verschwendung von Milliarden und um die millionenfache Diskriminierung und Verfolgung Unschuldiger!“

„Ich konsumiere nicht und verlange trotzdem, dass die Politik aufhört, unschuldige Menschen durch die Drogenprohibition verfassungswidrig zu diskriminieren und zu verfolgen und dabei volkswirtschaftliche Kosten und Schäden in Milliardenhöhe zu verursachen. Graue Zellen leiden übrigens beim Alkoholkonsum und nicht beim Kiffen, mal ganz abgesehen davon, dass das Verbot keinen Schaden abwendet sondern lediglich den Markt zugunsten des schädlicheren Alkohols verzerrt und das Kriminalitätsniveau insgesamt anhebt, indem es Kriminellen erst den Großteil ihrer Einnahmen und Strukturen ermöglicht.“

„Legalisiert den Besitz, den Gebrauch und den Anbau von Cannabis für den Eigengebrauch!“

Man darf natürlich auch frei kommentieren.

Ein weiterer Ansatz in Deutschland, ist noch der Angriff der Facebook-Seiten der Direktkandidaten in den Wahlkreisen. Diese Abgeordneten und/oder Kandidaten, haben meist nur einen Mitarbeiter im Wahlkreisbüro – und das oft nicht einmal in Vollzeit-Beschäftigung. Admis im 24-Stunden-Dienst wie die großen Partei-Seiten, haben diese Leute nicht. Ein Angriff derer Seiten wäre erfolgversprechend. Da gäbe es sicher viele, bei denen man dann über nichts anderes als Cannabis und Drogenpolitik mehr lesen könnte.

Anderer Ansatz in Österreich

In Österreich startet der Weedstorm #2 wie zwei Stunden später um 20 Uhr und ko nzentriert sich diesmal auf die Presse, die nicht über den letzten Weedstorm auf den dortigen Parteiseiten berichtet hat. Die Aktion soll zugleich ein Protest gegen falsche und tendenziöse Berichterstattung sein. Er richtet sich gegen die folgenden Medien:

https://www.facebook.com/oe3

#OP Weedstorm #2 Austria

#OP Weedstorm #2 Austria

https://www.facebook.com/puls4
https://www.facebook.com/ATV.at
https://www.facebook.com/BessereUnterhaltung
https://www.facebook.com/kronehit
https://www.facebook.com/derStandardat
https://www.facebook.com/www.KURIER.at
https://www.facebook.com/kleinestmk
https://www.facebook.com/salzburger.nachrichten

Folgender Satz soll an die Facebook-Seiten dieser Zeitungen und anderen Medien gesandt werden:

„Ich fordere Sie hiermit höflich auf, endlich über das Thema Cannabis-Entkriminalisierung zu berichten. Der Krieg gegen Drogen ist gescheitert.“

Wünschen wir den Österreichern Glück. Ähnliches wurde in Deutschland ja auch bereits diskutiert. Hier beschränkt man sich ja auch auf die Parteien, die nichts für die Legalisierung tun oder unglaubwürdig sind: Also CDU, SPD, FDP und als Verräter die Grünen. Piraten und Linke sind ausgenommen vom deutschen Weedstorm. In Österreich waren die Piraten bereits vor dem letzten Weedstorm informiert und baten darum, falls man an der Operation Weedstorm teilnehmen würde, doch erstmal ihre Ansätze zur Drogenpolitik zu lesen, bevor man sie zuspammen würde. Da hat sich aber keiner die Mühe gemacht in Österreich. Bis heute werden auch die Piraten gnadenlos mit den Sätzen geflutet. Die rechtsradidakelen östereichischen Parteien wie HC/Stronach, sind am schnellsten damit User zu sperren, aber die anderen löschen die Kommentare mitllerweile auch beinahe zeitgleich mit dem posten. Wer dann mit zu hoher Frequenz spammt, bekommt die Kommentarfunktion von Facebook für 2 Tage gesperrt.

Legt Euch also bitte Zweit- und Dritt-Accounts zu. Das ist vor allem an diejenigen Aktivisten gerichtet, die in allen drei Ländern aktiv werden wollen. Bei manchen Parteien hilft auch, diese erstmal zu liken.

Nachholbedarf in der Schweiz.

Hanflegal Switzerland WEEDSTORM #2

Hanflegal Switzerland WEEDSTORM #2

Die Aktion in der Schweiz soll laut Facebook um 0:00 Uhr stattfinden. Ob das so bleibt, habe ich nochmal nachgefragt. Eine solche Uhrzeit hat natürlich manche Vorteile (Admins evtl. nicht da), aber auch Nachteile. Einige die sonst posten würden, sind bereits im Bett. Also überlegt Euch das nochmal mit der Uhrzeit in der Schweiz. Um einmal eine Vorstellung der Vielfalt der Parteiseiten in der Schweiz zu vermitteln: Dies ist die Liste, die man in der Schweiz als Legalisierungs-Spammer abzuarbeiten hat:
http://www.facebook.com/pages/SVP-Kanton-Bern/204146206284247
http://www.facebook.com/svp.udc
http://www.facebook.com/svpkantonluzern
http://www.facebook.com/pages/Junge-SVP-Aargau/117908548246954
http://www.facebook.com/pages/Junge-SVP-Biel-Seeland-official/269593286435792
http://www.facebook.com/JungeSVP?fref=pb
http://www.facebook.com/JSVPWinterthur?fref=pb
http://www.facebook.com/pages/Junge-SVP-Biel-Seeland-official/269593286435792?fref=pb
http://www.facebook.com/pages/Junge-SVP-Schweiz/153100508070854?fref=pb
http://www.facebook.com/pages/Junge-SVP-Aargau/117908548246954?fref=pb
http://www.facebook.com/pages/JSVP-Graub%C3%BCnden/284572644918732?fref=pb
http://www.facebook.com/jsvptg?fref=pb
http://www.facebook.com/pages/Junge-SVP-Nidwalden/134567266581791?fref=pb
http://www.facebook.com/SVP78?ref=ts&fref=ts
http://www.facebook.com/JungeSVP?ref=ts&fref=ts
http://www.facebook.com/pages/SVP-Kanton-Zug/100293626752432
http://www.facebook.com/svptg
http://www.facebook.com/jsvptg
http://www.facebook.com/jsvpow?ref=stream

Die Auswahl der Sätze auf der schweizer Seite, ist noch immer 1:1 dieselbe, wie die in Deutschland, inkl. Mechthild Dyckmans. Professionalität sieht anders aus. Nehmt doch endlich den Satz mit Mechthild Dyckmans raus. Den kann man doch ganz einfach auf Eure Verhältnisse umändern. Ihr habt doch auch genug spezifische Aufhänger. Schaut mal auf die Seiten des schweizer Bundesamtes für Gesundheit.

Es wäre auch hilfreich, wenn dieser Artikel viel über Facebook und Twitter geteilt wird.

Gastbeitrag: Substitution aus der Sicht eines Opiatabhängigen

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Bei dem großen Platz, den die Berichterstattung zu Cannabis auf Antonio Peris Buchbinderwerkstatt einnimmt, könnte man beinahe vergessen, dass sich dieses Blog auf sämtliche Drogen bezieht. Unser Leser realflippy hat mir einen Gastbeitrag zugesandt, in dem er als Insider über die Probleme und Veränderungen im Bezug auf die Substitutionstherapie spricht. Das ist durchaus auch ein Feld, dass dringend reformbedürftig ist. Eine neue Drogenpolitik muss auch hier Wege suchen, die Situation der Ärzte und der Substituierten zu verbessern.

Methadon - take-home

Methadon – take-home

Die Substitution an sich ist natürlich, grade für Schwerstabhängige eine gute Idee. Wenn sie richtig eingesetzt wird sollte bei dem Opiatabhängigen ein Prozess stattfinden, der ihn langsam aber stetig aus der Drogenszene herauslöst, der den Abhängigen zur Ruhe kommen lässt, der ihm die Chance gibt seine körperlichen Beschwerden zu mildern und ihm vor allem wieder eine Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu sichern.

Das wäre natürlich der Idealfall – aber wie sieht es denn nun wirklich aus in unserem Land? Wie in vielen, den Alltag betreffenden Entscheidungen der Politik wird eher verschlimmbessert und weniger darüber nachgedacht, was wirklich an der „Front“ geschieht. Da werden ziemlich weltfremde Konzepte von Beratergremien und Ausschüssen vorgelegt, die die Stigmatisierung derer, die versuchen wieder ins Leben zurückzufinden eher noch erhöht und ihnen unter gewissen Bedingungen eher die Resozialisierung verbaut als sie zu fördern.

Natürlich ist Kontrolle ein wichtiger Aspekt –  gar keine Frage, aber so wie die Regelungen momentan sind bzw. ausgelegt werden, würden sie mich persönlich eher von einer offiziellen Substitution abhalten. Kann daran liegen, dass ich auch eine andere Zeit erlebt habe, in der es einfacher war und die Ärzte nicht mit einem Bein im Knast standen, wenn sie es denn wagen dem Patienten ein gewisses Vertrauen entgegen zu bringen..aber ein großer Teil der Statistiken und von Verbänden wie der Deutschen AIDS-Hilfe/J.E.S. durchgeführten Studien sprechen für sich.

Die Situation in Deutschland ist nicht unbedingt schlecht, dass mal vorneweg, aber es gibt viele Punkte die sehr verbesserungswürdig sind. Auf einige möchte ich hier eingehen.

Wie sollten also die Ziele der Substitution aussehen? ( frei aus der PREMOS-STUDIE)

1) Sicherung des Überlebens

2) Reduktion des Gebrauchs von Suchtmitteln

3) gesundheitliche Stabilisierung und Behandlung von körperlichen und psychischen Begleiterkrankungen

4) Resozialisierung im Sinne von Teilhabe am gesellschaftlichen Alltag, Arbeitstauglichkeit und Rückzug aus der Kriminalität.

5) Opiatabstinenz

Zu Punkt eins und drei ist nicht viel zu sagen, daher werde ich nur im Bezug auf die anderen Punkte  darauf eingehen.

Beim zweiten Punkt: Der Reduktion des Gebrauchs von Suchtmitteln, fangen die täglichen Probleme aber schon an. Einige der substituierenden Ärzte dulden gelegentlichen Alkoholkonsum, andere sehen sogar über gelegentliches rauchen von THC hinweg,  in anderen Praxen fliegt man konsequent aus dem Programm, wenn man drei mal oder weniger positiv auf THC getestet wird. Teilweise muss vor der täglichen Vergabe des Substitutes ein Atemalkoholtest absolviert werden – was aus medizinischer Sicht nicht falsch ist, im suchttherapeutischen Ansatz aber als äußerst fragwürdig angesehen werden muss, da grade die Heroinabhängigen der offenen Drogenszene oft multiple Abhängigkeiten entwickelt haben, die eher eine unterstützende Behandlung benötigten, als das ewige Damoklesschwert des Abbruches der Substitution über dem Haupt schweben zu sehen.

Als Begleitbehandlung zu Substitution wird eine psychosoziale Betreuung zur Pflicht gemacht. Das mag in vielen Fällen passend sein,  eine differenzierte Betrachtung eines jeden Patienten wäre hier jedoch sinnvoll. Ja es gibt sie, die Opiatabhängigen, die Arbeitsstellen haben, deren Leben in geordneten Bahnen verläuft, die gesellschaftlich nicht durchs Raster fallen. Warum sollte also jemand der ein normales Leben lebt und sich in eine medikamentöse Behandlung begibt unbedingt eine Aufarbeitung psychischer Probleme anstreben, die er gar nicht hat. Anders verhält es sich natürlich bei denen, die durch Prostitution, Knast, Überschuldung oder sonstige Probleme traumatisiert sind oder bei denen drogenindizierte Psychosen auftreten.

Nun ergibt sich das nächste Problem – wie behandeln.

Gesprächstherapien reichen in den meisten Fällen nicht aus, somit wäre eine Behandlung mit Antidepressiva oder Benzodiazepinen angebracht. Antidepressiva wirken meist erst auf längere Sicht…sind also größtenteils ungeeignet um akute Psychosen zu behandeln, Benzodiazepine dürfen im Regelfall während einer Substitution gar nicht konsumiert werden. Einmal davon abgesehen. dass bei einer nicht geringen Zahl der Opiatabhängigen auch eine Benzodiazepin-Abhängigkeit vorliegt,  wäre somit eine effektive Behandlung hinfällig. Da besteht Klärungsbedarf von Seiten des Gesetzgebers. Die nächsten Probleme ergeben sich bei der Resozialisierung. Ein Substitut darf nur in Ausnahmefällen für eine gewisse Zeit als sogenannte „Take Home- Vergabe“ ausgehändigt werden – und auch erst dann, wenn der Substituierte längere Zeit frei von Beigebrauch anderer Substanzen ist.

In Städten ist diese Regelung ein geringeres Problem, denn dort sind Praxen und Ambulanzen gut erreichbar. Auf dem Land ist die suchtmedizinische Grundversorgung auf gut deutsch unter aller Sau. Dort sind teilweise immense Strecken zurückzulegen, die ohne gutes Bus- und Bahnnetz oder ohne eigenen PKW nicht zu bewältigen sind. Solche Unternehmungen lassen sich mit einem geregelten Arbeitsplatz in keiner Weise vereinen. Hinzu kommt, dass das Autofahren auf Methadon/Polamidon und anderen, zur Substitution eingesetzten, Medikamenten vom Gesetz her verboten ist. Es liegt also im Ermessen des Arztes. Neuerdings ist er sogar verpflichtet, der Führerscheinstelle zu melden, dass ein Patient nicht mehr fahrtüchtig ist, weil er sich in eine Resozialisierungsmaßnahme begibt. Das widerspricht sich natürlich schon an sich.

Ein Substituierter hat meistens eine so hohe Opiattoleranz, dass es ihm sehr wohl möglich ist ein Fahrzeug zu führen, oder Maschinen zu bedienen. Zudem ist es in gewissen Berufen und in manchen Gegenden nicht grade vom Vorteil auf einen PKW zu verzichten. Das würde die Resozialisierung schon im Ansatz scheitern lassen, wenn der Patient seine Arbeit verlieren würde, nur weil er Hilfe sucht. wie gesagt, tägliche Strecken von 10 – 20km um zum Substiarzt zu kommen, sind in ländlichen Gegenden keine Seltenheit. Auch hier sollten die derzeitigen Regelungen überdacht werden.

Und noch kurz zur Opiatabstinenz:

In Deutschland streiten sich immer noch die Befürworter des so genannten Abstinenzparadigmas – bedeutet, dass in einem gewissen Zeitraum eine Reduktion des Substituts auf null erfolgen muss, und die Substituierten das Akzeptanzparadigma bzw. die so genannte Harm Reduction befürworten. Bedeutet, je nach dem wo und bei wem man substituiert wird kann man sich als Langzeitabhängiger darauf gefasst machen,  nach einem gewissen Zeitraum krampfhaft auf null dosiert zu werden.Für manche Menschen ist das auch das gewollte Ziel, für andere hingegen der Rückfall in die Drogenszene. Laut neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen wäre auch hier eine individuelle Entscheidung von Patient zu Patient angebracht, um langfristige Erfolge in der Entkriminalisierung der Heroinsüchtigen zu erzielen. Sogar bei der WHO findet langsam aber sicher ein Umdenken statt.

Leider ist in den deutschen Gesetzestexten davon noch nichts angekommen. Hier wird vom Gesetzgeber auf lange Sicht immer noch die totale Opiatabstinenz gefordert. Wie lang der Patient dafür Zeit hat wird nirgends klar definiert. Es gibt einiges an Verbesserungsvorschlägen durch den Deutschen Ärztetag in Verbindung mit der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin:

http://www.dgsuchtmedizin.de/fileadmin/documents/initiative-btm-aenderung/BtM-Aenderung-lang4.pdf

Leider verlaufen solche, auf den Patienten ausgerichteten Vorschläge oft genug im Sande.

Danke an Antonio Peri, der mich dazu animierte diesen Gastbeitrag zu verfassen.

Weedstorm: Nun auch in der Schweiz

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Der Weedstorm tobt über die Facebook-Seiten der Parteien im deutschsprachigen Europa. Nachdem in Deutschland und Österreich am vergangen Wochenende bereits viel passiert ist, ziehen die Schweizer nun nach.

Hanflegal Switzerland

Hanflegal Switzerland

Auch wenn es noch kein besonderes Medienecho gegeben hat, war die Aktion in Deutschland und Österreich ein Erfolg. Bis Montagmittag hatte es die Parteien kalt erwischt. Danach schrieben viele: „Ich kann gar nicht so schnell posten, wie meine Beiträge gelöscht werden“. Scheinbar hatten die Admins Sonderschichten eingelegt, und waren mit nichts anderem mehr beschäftigt.

Dazu kam, dass allzu eifrige Spammer von Facebook selbst für zwei Tage die Kommentar-Funktion gesperrt wurde. Stefan Seiler schreibt auf Hanflegal Switzerland:  „Vorsicht bei Flashmobs ich hatte gerade das Problem ich darf nix mehr bei anderen posten die Funktion wurde für zwei Tage gesperrt. Das kann passieren wenn Ihr in kurzer Zeit extrem viel postet. Aber egal ich hab jetzt einen zweiten Account für die zwei Tage zum posten. Weiter geht‘s.“

Facebook-Sperre - Für größere Ansicht klicken

Facebook-Sperre – Für größere Ansicht klicken

Generell haben die Schweizer es ein wenig schwerer. Sie haben die Aktion wirklich 1:1 adaptiert und bei den Auswahlsätzen sogar noch den Satz: „Mechthild Dyckmans Drogenpoltik schadet uns allen. Die Milliardenausgaben für die Verfolgung sogenannter Drogendelikte bewirken Schäden in Milliardenhöhe da sie einen beträchtlichen Teil der Kriminalität in Deutschland erst hervorbringen. Außerdem verursacht diese Politik unnötige Kosten im Gesundheitssystem und gefährdet Kinder und Jugendliche durch einen frei zugänglichen Schwarzmarkt!“ Zudem haben sie weitaus mehr Parteien auf der Liste als die Österreicher und die Deutschen.

Ich habe sie darauf aufmerksam gemacht, das Mechthild Dyckmans nun nicht die Drogenbeauftragte in der Schweiz ist. Sowas ist natürlich peinlich und zeigt die Spontanität der Aktion, allerdings ist bis zum 13. Januar ja noch genug Zeit für genauere Planung.

Trotzdem wünsche ich auch den Schweizern viel Erfolg, auch wenn diese in 2013 kein relevantes Wahljahr haben, bleibt die Schweiz natürlich interessant, da sie kein EU-Mitglied ist, und dort nationale Lösungen leichter zu erreichen sind, als im sonstigen Europa. Allerdings schmälert das natürlich auch die Relevanz der dortigen Gesetze. Immerhin waren die Schweizer beim Thema Hanf mal vorne mit dabei – das konnte aber auch ganz schnell wieder geändert werden.

Meine schweizer Leser und alle Interessierten finden hier die Schweizer Facebook-Seite zur Aktion.

Gastbeitrag: Nicht nachdenken – fordern! Gedanken zum Antrag der Partei Die Linke

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Der Antrag auf Zulassung von Cannabis-Clubs in Deutschland, über den am 17.01.2012 im Deutschen Bundestag debattiert und abgestimmt wird, ist ein großer Vorstoß zur Entkriminalisierung von Hanfkonsumenten. Er wurde seit 2010 vorbereitet und polarisiert sowohl die Gegner, wie auch die Befürworter einer anderen Drogenpolitk. Mein geschätzter Leser und eifriger Kommentator bushdoctor, hat mir heute seine Gedanken zu diesem Antrag zugesandt, die ich an dieser Stelle gerne veröffentliche.

Ich bin von Antonio Peri eingeladen worden im Vorfeld der Bundestagsabstimmung zum Antrag der LINKEN am 17. Januar 2013 einen kleinen Gastbeitrag hier auf seinem Blog zu veröffentlichen. Diese Einladung nehme ich gerne an.

Großartig vorstellen möchte ich mich an dieser Stelle nicht. Ich trete unter dem Pseudonym „bushdoctor“ für die Legalisierung von Cannabis ein und bin hauptsächlich im Forum des Deutschen Hanf Verbandes zu finden. Mein Hauptfokus liegt in der Arbeit für den DHV. Ich bin aber kein Mitarbeiter des DHV sondern „nur“ Privatsponsor.

Mittlerweile beobachte ich die „Legalisierungsszene“ seit 1997 und was mir immer wieder auffällt, ist das Fehlen von konkreten Vorstellungen wie eine „Legalisierung“ von Cannabis in der Bundesrepublik Deutschland im Detail umgesetzt werden könnte.

Es mangelt nicht an Forderungen und Ideen, nur meistens greifen diese aus meiner Sicht immer zu kurz. Meist wird nur die plakative Forderung „LEGALIZE IT“ gestellt, ohne die real-existierenden rechtlichen Rahmenbedingungen verstanden zu haben. Auch der aktuelle Antrag der LINKEN macht hier keine Ausnahme, obwohl man davon ausgehen müsste, dass eine Bundespartei, die mitregieren möchte, gerade diese rechtlichen Zusammenhänge des „Status quo“ verstanden hat.

In einer Diskussion im DHV-Forum habe ich schon meine Kritikpunke an dem aktuellen Antrag der LINKEN formuliert, indem ich auf alle sechs Punkte dieses Antrags kurz (und zugegebenermaßen zynisch) eingegangen bin.

Es entspricht einfach nicht meinen Vorstellung von Umsetzbarkeit, wenn gefordert wird, dass 30g Cannabis vom Betäubungsmittelgesetz ausgenommen werden sollen, aber nirgends ein Gedanke daran verschwendet wird, was mit 31g Cannabis passieren soll.

Eine Ausnahme von bis zu 30g Cannabis aus dem BtmG bedeutet in meinen Augen, dass diese Menge, dann völlig „frei“ wäre und dann eventuell dem Lebensmittelgesetz (Genussmittel) unterliegt. Die weiteren Einschränkungen müssten dann in einer „Cannabisverordnung“ analog der Tabakverordnung erfolgen. Auch das Jugendschutzgesetz müsste angepasst werden, denn dort steht nichts von Cannabis sondern nur von Tabak und Alkohol.

Wie das in Punkt 4 des Antrags geforderte Werbeverbot ungesetzt werden soll, bleibt ebenso schleierhaft wie die Schaffung von neuen Gesetzen und Vorschriften für die zu installierenden Cannabis Social Clubs (CSC), die laut Antrag im Vereinsrecht angesiedelt werden sollen. Den Umgang mit Waffen in einem Schützenverein regelt das Waffengesetz. Welches Gesetz soll den Umgang mit Cannabis in einem CSC regeln? Die Zutrittsregelung „ab 18“ kriegt man noch mit einem Verweis auf § 7 JuSchG hin, wenn aber nur „namentlich Bekannten“ der Zutritt erlaubt sein soll, dann braucht man dafür wieder ein extra Gesetz.

Wie sieht es mit den Erntemengen in den CSC aus? Da fallen weit mehr als 30g an! Der Betrieb eines CSC würde eine Ausnahmegenehmigung nach §3 BtmG erfordern und die „Erntehelfer“ bräuchten ebenfalls solche Ausnahmegenehmigungen, um die angefallene Erntemenge rechtssicher handhaben zu können. Man stelle sich nur eine Polizeikontrolle vor und ein CSC-Mitglied hält gerade eine Schachtel mit 200g frisch geernteten Cannabisblüten in der Hand, auch getrocknet sind das weit mehr als 30g…

So zieht eine einfache Forderung, die sich im ersten Moment vielleicht supertoll anhört, einen ganzen Rattenschwanz an legislativen Maßnahmen nach sich. Und darauf haben diejenigen, die dem Antrag im Erfolgsfalle entsprechen müssten, nämlich die Beamten der Bundesregierung, einfach keinen Bock. Und das kann man ihnen auch nicht mal allzu übel nehmen.

Den einzigen Punkt aus dem Antrag der LINKEN, den man aus meiner Sicht vollumfänglich für gut und durchdacht befinden kann ist die Änderung des Verkehrsstrafrechts dahingehend, dass ein vernünftiger Grenzwert für THC eingeführt werden sollte.

Dies könnte aber völlig unabhängig von der Legalisierungsdebatte erfolgen mit einfachem Verweis auf die Ergebnisse der DRUID-Studien von 2011 und sollte meines Erachtens in einem separaten Antrag geschehen. Durch die vorhersehbare Ablehnung des gesamten Antrags am 17.01.2013 fällt dieser Punkt somit gleich wieder vom Tisch, was schade und unnötig ist.

Das 1997 von der ROT-GRÜNEN Landesregierung Schleswig-Holstein vorgeschlagene „Apothekenmodell“ reiht sich leider auch vollkommen in das Muster „Nicht nachdenken, fordern!“ ein.

Wie es für Apotheken rechtlich möglich sein sollte, Betäubungsmittel an Personen abzugeben, die nicht im Besitz einer BTM-Genehmigung sind, war einfach nicht bedacht worden. Kein Wunder, dass diese Forderung mit einem einfachen Verweis auf das BtmG vom Tisch gefegt wurde. Dieser Antrag beinhaltete aber zumindest die (durchdachte) Beantragung einer Ausnahmegenehmigung nach §3 BtmG für das Land Schleswig-Holstein. Die Konsumenten, die das Cannabis legal erwerben können sollten, wurden aber hierbei schlichtweg vergessen…

Für eine Forderung nach „Legalisierung“  –  und Legalisierung ist immer auch Regulierung, braucht es meines Erachtens einen durchdachten Plan, wie man alle Ziele:

  • legaler Erwerb, Besitz, Anbau (Austrocknung des Schwarzmarkts)
  • Jugendschutz
  • Werbeverbot
  • Kontrolle
  • Strafen
  • Steuereinnahmen
  • Einhalten der internationalen Verträge
  • „Drogentourismus“ (???)

unter einen Hut bringen kann, ohne zwei Jahre lang die Beamten der Bundesregierung und das Parlament mit dem Austüfteln von neuen Gesetzen und Vorschriften zu belasten.

Es wäre besser, wenn sich die „Legalisierungsbewegung“ langsam mit der Formulierung von konkreten Vorschlägen beschäftigen würde als nur zu fordern ohne nachzudenken!

Da ich mich persönlich nicht ausnehmen will, habe ich bereits angefangen nachzudenken und fordere die „Legalisierung“ von Cannabis über die Ausnahmegenehmigungen nach §3 BtmG:

„Die Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes wie auch die internationalen Suchtstoffübereinkommen müssten so ausgelegt werden, dass die Erteilung einer Erlaubnis an Privatpersonen möglich ist.“ (OVG Münster, Urteil 07.12.2012, Az: 13 A 414/11)

Einen konkreten Vorschlag hierzu arbeite ich gerade aus.

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