Unter bestimmten Bedingungen, hat das Oberverwaltungsgericht Münster in einer Entscheidung vom 07.Dezember, die heute veröffentlicht wurde, Patienten den Eigenanbau von Cannabis erlaubt. Bisher wurden solche Anträge auf Anweisung des Bundesgesundheitsministeriums grundsätzlich abgelehnt. Das Gericht erklärte diese Praxis nun für rechtswidrig.
Durch die interne Diskussion wird diese Meldung hier eine Kurzmeldung bleiben. Der DHV hat auf seiner Seite einen ausführlichen Artikel, den Maximilian Plenert geschrieben hat. Der Artikel stützt sich auf eine Pressemitteilung der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (ACM) vom 20. Dezember 2012. Dort ist Dr. Franjo Grotenhermen ja sehr engagiert.
Dieses Blog legt den Fokus ja auf Hintergründe und auf bessere Berichterstattung zu drogenpolitischen Themen. Wenn diese Themen jedoch bereits ausführlich behandelt werden, verweist Antonio Peris Buchbinderwerkstatt nur darauf.
Hier der Link zum Artikel des DHV.
Einen kleinen Kommentar dazu gibt’s dann aber doch: Man darf abwarten und gespannt sein, ob sich deshalb in der Praxis wirklich etwas ändert. Die Bedingungen sind so eng gesteckt. Es kann sein, dass dem einfach eine verstärkte Kostenübernahme durch die Krankenkassen für cannabinoidhaltige Medikamente folgt. Die Pharmaindustrie hätte bestimmt Interesse daran. Die Erlaubnis, gilt nämlich nur dann, wenn die Kosten nicht von einer Krankenkasse übernommen werden. Auf welche Art die Bundesopiumstelle in der Praxis weiterhin Einfluss auf das BfArM nimmt, das die Genehmigungen (bisher nicht) erteilt, bleibt abzuwarten.
Auch ist das Urteil noch nicht rechtskräftig.
Dez 20, 2012 @ 23:23:27
Zitat DHV:
„Schwerkranke Bundesbürger dürfen unter strengen Voraussetzungen Cannabis zuhause selbst anbauen.“
Mein Kenntnisstand ist, die wenigen, die nach jahrelangem Stress
mit dem BfArM eine Ausnahmegenehmigung für den Eigenanbau
erhalten haben, mussten ihre Wohnung sichern wie eine Bank.
‚Strenge Voraussetzungen‘ deutet darauf hin, das es bei den
alten Rahmenbedingungen bleibt. Falls ja, dürfte die Entscheidung
des OVG Münster nicht allzuvielen Patienten zugute kommen.
Immerhin, das ein Gericht pro Hanf entscheidet, ist bemerkenswert.
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Dez 20, 2012 @ 23:50:38
Das ist ein Punkt in der Urteilsbegründung: „Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte könne beim Eigenanbau zu therapeutischen Zwecken von den Antragstellern keine Sicherungsmaßnahmen gegen eine Entwendung verlangen, wie sie von pharmazeutischen Unternehmen gefordert wird.“
Allerdings im Konkreten Fall (trotz der grundsätzlich positiven Argumentation) gegen den Kläger entschieden worden: „Patienten, deren Krankenkassen die Kosten einer Therapie mit cannabinoidhaltigen Medikamenten übernehmen, haben allerdings keinen Anspruch auf eine Genehmigung zum Eigenanbau. Dies stellte das Gericht im konkreten Fall bei einem an Multipler Sklerose erkrankten Kläger fest und gab in diesem konkreten Einzelfall der beklagten Bundesrepublik Deutschland recht, die die Erlaubnis zum Eigenanbau hier verweigert hatte.“
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Dez 23, 2012 @ 19:08:34
Für mich viel wichtiger in der Urteilsbegründung ist dieser Satz:
„Die Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes wie auch die internationalen Suchtstoffübereinkommen müssten so ausgelegt werden, dass die Erteilung einer Erlaubnis an Privatpersonen möglich ist.“
Das riecht ganz stark nach einer Möglichkeit der „Legalisierung“ über die berühmten Ausnahmegenehmigungen nach § 3 BtmG.
Alles was dafür getan werden muss ist eine Anpassung der Verwaltungsvorschriften für die Bundesopiumstellen resp. BfArM. Diese können dann in einem relativ einfachen Verfahren Ausnahmegenehmigungen für jedermann ausstellen.
Das komplette BtmG können sie dann behalten und weiterhin Spass damit haben! Die internationalen Abkommen werden somit auch weiterhin eingehalten, da Cannabis dann ja weiterhin „de jure“ verboten ist.
…es wäre ZU einfach! 😉
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Dez 23, 2012 @ 23:13:27
Da stimme ich mit Dir überein. Ich vermute stark, dass es evtl. einen Weg über das Bundesverwaltungsgericht oder die OVGs der Länder geben könnte. Die Macht der Verwaltungsrichter wird meist unterschätzt. Alles schaut immer nur auf Bundesverfassungsgericht und dabei übersieht man die Verwaltungsgerichte – deren Urteile oft klare Fakten schaffen und tief eingreifen können.
Allerdings ist dieser Weg kein politischer – sondern ein juristischer. Darauf Einfluss zu nehmen ist schwerer. Richter sind bekanntlich unabhängig.
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Dez 20, 2012 @ 23:45:09
PS.
Viel Erfolg für interne Gespräche 🙂
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Dez 20, 2012 @ 23:51:23
Vielen Dank – das erste Gespräch findet am Samstag statt.
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Dez 21, 2012 @ 04:28:12
Recht bekommen, aber keine Anbauerlaubnis. Anscheinend haben die Richter den Ärzten die Entscheidung der Medikamentenwahl abgenommen, da die Krankenkasse nur Dronabinol bezahlt, aber nicht Bedrocan. Der Patient bekommt auch nach der Gerichtsverhandlung nicht seine benötigte Medizin.
http://blog.menschenundrechte.de/2012/12/20/recht-bekommen-und-cannabis-anbauen-durfen-ist-zweierlei-ovg-nrw-zaudert/
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Dez 23, 2012 @ 00:00:03
Ja, das ist mir dabei auch übel aufgestoßen. Zwar im Grundsatz ein positives Urteil – auch wenn es dem konkreten Kläger nichts genützt hat. Und wie die praktische Umsetzung in der Zukunft sein wird, und was ihnen dann wieder neues einfällt, um keine Anbaugenehmigung erteilen zu müssen, bleibt wirklich abzuwarten.
Das sich nur wegen diesem Urteil etwas ändert, glaube ich erst, wenn es eine relevante Anzahl Patienten in Deutschland gibt, die unbelästigt und legal ihre Medizin anbauen dürfen.
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Dez 22, 2012 @ 00:19:56
‚Immerhin, das ein Gericht pro Hanf entscheidet, ist bemerkenswert.‘
das war auch mein erster gedanke…
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