Heute Nacht haben die Amerikaner nicht nur Obama wiedergewählt. Zugleich fand in drei Staaten eine Abstimmung über die totale Legalisierung von Marihuana statt. Drei weitere stimmten über die Einführung von medizinischem Marihuana ab. Massachusetts führt medizinisches Marihuana ein, Washington und Colorado legalisieren komplett – heute ist ein historischer Tag. Die Legalisierung ist da – und sie kommt nicht aus den Niederlanden, sondern aus dem Mutterland der Prohibition.
Der 6. November 2012 wird als großer Meilenstein und spektakulärer Umbruch in der Drogenpolitik in die Geschichte eingehen. Die US-amerikanische Initiative NORML für die Legalisierung von Cannabis, hat einen fulminanten Sieg errungen. Noch sind zwar nicht alle Stimmen ausgezählt, so dass ich hier noch nicht die prozentual genauen Endergebnisse bekanntgeben kann – aber am Resultat wird sich nichts mehr ändern.
In den Bundesstaaten Massachusetts, Arkansas und Montana wurde über die Einführung von medizinischem Marihuana abgestimmt, was es in Kalifornien schon seit 2009 gibt. In Massachusetts wurde die Abstimmung mit 63,4% Ja-Stimmen klar gewonnen. In Arkansas hat es mit 48,6% nicht ganz gereicht und in Montana war die Frage in der Volksabstimmung so gestellt, dass dort die Nein-Stimmen als Pro-Stimmen zu zählen sind. Dort konnten leider nur 43,4% für die Einführung von Cannabis als Medizin erreicht werden.
Der eigentliche Paukenschlag jedoch waren die Abstimmungen über die totale Legalisierung von Marihuana in Washington (der Staat – nicht mit der Stadt Washington D.C. verwechseln), Oregon und Colorado. Nur in Oregon wurde das Ziel mit 45% knapp verfehlt. Washington legalisert mit deutlichen 55,4% Ja-Stimmen und auch in Colorado kommt die völlige Legalisierung dank 54,7% (alles aktuelle Werte die sich noch verändern da im Durchschnitt erst 75% der Stimmen ausgezählt sind). Diese Legalisierung ist lückenlos. Es gibt keine Backdoor-Problematik wie in den Niederlanden mit ihrer halbherzigen Politik. Es werden legale Arbeitsplätze geschaffen und Steuern erhoben. Ein echter Sieg der Vernunft.
Im Vorfeld hatte NORML schon verkündet es sei schon ein Sieg, wenn nur ein Staat gewonnen würde. Nun kommt gleich in zwei Staaten die Legalisierung und in zwei weiteren gibt es reguliert medizinisches Marihuana. Auch die Abstimmungsergebnisse in den Staaten, die nicht gewonnen wurden sind aus unserer Sicht als positiv zu betrachten. Immerhin zeigen die Ergebnisse (die sich fast alle um die 50/50-Marke bewegen), wie wenig Rückhalt noch in der Bevölkerung für die Prohibitionspolitik besteht. Ein echter Wandel auch und vor allem in den Köpfen – allein das ist ein Sieg.
Damit wurden Fakten geschaffen die eine Basis bilden auf die man weltweit aufbauen kann. Das ist eine wahre Sensation und der größte Lichtblick in den letzten 40-50 Jahren. Es tut sich was – und zwar gewaltig.
Allerdings kam dieser Sieg nicht ohne die nötige Vorarbeit. Dafür wurden Millionen von Dollar in die Hand genommen. NORML macht echte Lobbyarbeit in einem Ausmaß, wie es sich der DHV (Deutscher Hanf Verband) leider nicht leisten kann. Der folgende TV-Werbespot zeigt das professionelle Ausmaß der Kampagne.
Genau so etwas wünsche ich mir für Europa und besonders für Deutschland. Der große Unterschied (neben der Akquirierung von Spendengeldern) ist auch das offensive Auftreten der dortigen Aktivisten quer durch alle Bevölkerungsschichten. Dort versteckt man sich nicht wie hierzulande (trotz bisher teils schlimmerer Strafandrohung als bei uns). Zuerst findet der Kampf um die Köpfe statt – und der wird medial gewonnen.
Fairerweise muss man konstatieren, dass wir in Deutschland nicht die gleichen Voraussetzungen haben wie die Amerikaner. Volksabstimmungen traut man uns hierzulande ja nicht zu bzw. werden sie nur selten mal auf kommunaler Eben durchgeführt und dort dann auch nie zusammen mit anderen Wahlen (was die Sache für den Staat erheblich günstiger macht). Ergebnis ist meist eine zu geringe Wahlbeteiligung. Rot-Grün unter Schröder wollte mehr Plebiszite einführen, was jedoch damals durch die Bundesrats-Mehrheit der CDU/CSU verhindert wurde.
Trotzdem können wir auch hier den Umbruch schaffen. Der Rückhalt in der Bevölkerung wird immer größer und wir müssen die jetzige Situation nutzen und endlich aus unserem Schneckenhaus herauskommen. Die Argumente bei uns sind dieselben wie in den USA. Unserem Staat gehen Milliarden verloren durch die Kosten für die Strafverfolgung und das verschenken von Steuergeldern an die organisierte Kriminalität. Auch bei uns werden nicht-gewalttätige Leute eingesperrt und deren Lebensläufe zerstört. Wir verzichten auch auf die Schaffung von neuen legalen Arbeitsplätzen die gut bezahlt sind (im Anbau evtl. auch für „auf dem Papier“ wenig qualifizierte Menschen die heute noch Hartz-IV beziehen oder in prekären Arbeitsverhältnissen arbeiten müssen).
Die Prohibition schadet mehr als der Konsum von Marihuana. Es ist Zeit für den Umbruch. Lasst uns diese Ziel zusammen erreichen!
Wie im Spot der Kampagne rufe ich unseren Betonköpfen zu: „WE ARE NOT GOING TO GIVE UP!“ LEGALIZE MARIJUANA – YES WE CAN!
Nov 07, 2012 @ 18:10:37
Ja, das ist wirklich eine sehr bedeutende Entwicklung. Das wird Wellen schlagen! Kein Tsunami und „klick“ ist alles gut – aber wenn sich das in den 2 Staaten etabliert und gut funktioniert wird das eine unglaubliche Signalwirkung auf – die ganze Welt – haben.
VG vom „wietpas“-Belgier 😉
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Nov 07, 2012 @ 18:19:38
Danke für diesen ausführlichen Kommentar, sehr informativ.
Bin sehr gespannt wie sich die Legalisierung mit dem Bundesgesetz verträgt.
Soweit ich informiert bin war ja Medizinisches Cannabis und dessen Abgabe gegen ärztliches Rezept schon legal in Colorado.
Trotzdem mussten Anbauer und Verkaufsgeschäfte immer mit einer Razzia rechnen, selbst die Polizisten waren sich unsicher an welches Gesetz sie sich jetzt zu halten haben.
Hoffe inständig das die verfolgung in Colorado mit der Legalisierung endlich endet.
Aufjedenfall ist heute ein grosser Tag, auch für die Deutsche Legalisierungsbewegung.
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Nov 07, 2012 @ 18:47:33
Das stimmt – in Colorado war medizinisches Marihuana, genau wie in Kalifornien, schon legal. Aber es gab da halt deren spezielle Form der Backdoor-Problematik. Das ist jetzt vorbei. Daher schrieb ich ja auch, es werden viele neue legale Arbeitsplätze entstehen. Damit verglichen war die Situation in Kalifornien noch sehr unausgegoren.
@ Belgier – Du hast es sehr richtig erkannt – das ist ein Signal für die Welt – ein sensationeller Paukenschlag der seine Folgen nach sich ziehen wird, und daher auch ein Grund zum Jubeln für uns. Ab nun wird es sehr schwer für die Prohibitionsbefürworter hierzulande. Der mediale Hype ist schon ausgebrochen – das ist nicht mehr eine alleinige Blog-Sache mehr. Sie springen auf den Zug auf, auch wenn sie es (und ich war heute Nacht live dabei und habe von Anfang an darauf hingewiesen, das man die diversen zeitgleichen Abstimmungen auch thematisieren solle) konsequent totgeschwiegen haben. So langsam wird klar, das wir mehrheitsfähig geworden sind.
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Nov 07, 2012 @ 18:53:12
Der Werbespot ist echt gut gemacht, gefällt mir.
Bin immer noch ein wenig sprachlos, doch ich stimme zu: Ja wir können !
Grüsse
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Nov 08, 2012 @ 01:51:12
Mega Gut
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Nov 08, 2012 @ 01:51:42
Kann es nicht glauben. Finde es echt stark von den Staaten die die Legalisierung durchführen. Das ist doch mal ein entscheidender Schritt vorwärts – nun bitte die gesamte EU nachmachen 😀 Hammer, finde ich gut!
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Nov 08, 2012 @ 10:15:54
Viel gespannter bin ich auf den Antrag der Linken der am 29.11. stattfindet…
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Nov 08, 2012 @ 13:43:36
Zu dem Antrag werde ich natürlich berichten. Ich bin aber leider nicht zuversichtlich. Die Expertenanhörung die ich im Artikel „Was im Verborgenen blüht“ als Video eingebunden habe, war ja die Vorbereitung für diesen Antrag – und auch von der Linken initiiert. Habe die Seite der Linksfraktion im Bundestag mal in die Blogroll-Links aufgenommen. Da kann man die Arbeit der Linksfraktion im Bezug auf Cannabis in den letzten Zeit auch nachverfolgen. Leider werden so gut wie immer Anträge der Linken schon deshalb abgebügelt, weil sie von der Linken kommen, die die CDU ja hasst wie die Pest.
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Nov 08, 2012 @ 16:47:32
Angeregt durch die USA-Entwicklung habe ich da mal was begonnen. Bitte unterstützen!
Vielleicht wird ja ein Selbstläufer daraus und hilft irgendetwas zu bewegen oder zu beschleunigen.
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Nov 09, 2012 @ 11:47:13
Ich bin ziemlich dusselig, bzw. habe ich von FB noch NULL Ahnung…
http://www.facebook.com/pages/Hanf-Gleichstellen/296623480438691
Da kann man sein Gefallen ausdrücken…
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Nov 08, 2012 @ 18:45:38
Habe soeben ein „Antonio-Peri-Facebook-Account“ erstellt. Habe Dein Projekt auch dort in die Chronik aufgenommen. Aber wo gibt es bei Deinem Link den „gefällt mir“-Button? Darunter steht nur, dass Dir das gefällt. Bin bislang ohne FB ausgekommen – klär mich auf wo ich „liken“ kann.
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Nov 08, 2012 @ 19:21:59
Ich würde gerne mal wissen, wie dieses Gesetz gestaltet werden soll? Wenn es zu einer Legalisierung kommt, hat das drastische Auswirkungen auf den Rest der USA. Der Marihuana-Handel wird extrem zunehmen, denn es werden etliche auf die Idee kommen, das Weed auch in den anderen Staaten zu verkaufen, natürlich illegal, aber dann immerhin viel einfacher durchführbar als jetzt mit Komplettverbot.
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Nov 09, 2012 @ 09:17:15
Ich finde das ein schönes Zeichen, mal sehen wie sie das mit den Differenzen zum Bundesrecht hinbekommen. In Deutschland wird ein solcher Wandel wohl noch einige Zeit auf sich warten lassen. Die Konsumenten-Szene hier ist auch nicht so organisiert. Organisationen wie Hanfverband, Hanfparade und viele andere haben leider immer noch zu wenig aktive Unterstützer. Wir müssen lernen, Lobbyarbeit zu machen und aktiv an einem Bewußtseinswandel auch in der politischen Klasse zu arbeiten. Diese denken immer noch, dass sie mit dem Verbot das Volk repräsentieren. Daher muss man ihnen immer wieder deutlich machen, dass dies nicht unbedingt so ist, z. B. im persönlichen Gespräch (siehe https://www.facebook.com/events/494964093869081/ )
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Nov 10, 2012 @ 21:03:00
Ich kann die Aktion, die Psychonautix hier empfiehlt nur voll und ganz unterstützen. Jeder der in Berlin – oder in der Nähe wohnt, sollte diese Möglichkeit wahrnehmen. Eine Einladung dazu findet ihr auch im Facebook-Profil von Jörg Traumländer, jedenfalls hat er mich dazu eingeladen. Ich schaffe es am 29.11. jedoch nicht nach Berlin.
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Nov 09, 2012 @ 12:01:27
Danke für die ausführlichen Infos! Weiter so!
Ich war so frei, den Artikel zu verlinken:
http://drogenprohibition.wordpress.com/2012/11/07/colorado-und-washington-wollen-cannabis-legalisieren-3/
Ich hoffe, das ist in deinem Sinne.
Gruß
balu
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Anfang vom Ende der Prohibition? | Drogenprohibition
Nov 09, 2012 @ 14:42:09
Nov 09, 2012 @ 18:19:08
Klar ist das in meinem Sinne Balu – je mehr sich vernetzen, desto besser.
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Nov 13, 2012 @ 14:04:23
Was für ein epischer Moment und ich bin froh und überrascht, dass ich diesen noch miterlebe. Und das in einem konservativen Land wie die USA. Leider kommt man noch wegen handelsüblichen Mengen in anderen Teilen des Landes jahrelang in den Knast. Bis die Legalisierung landesübergreifend ist, wird als noch eine Zeit vergehen. Auf jeden Fall sind jetzt die lateinamerikanischen Länder besorgt, aus welchem Grund auch immer. Wahrscheinlich fürchten sie, dass so der Drogentourismus in Ländern wie Mexiko zum erliegen kommen wird, der sicherlich eine gute Geldeinnahmequelle war.
Quelle: Newsplay
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Nov 13, 2012 @ 18:34:27
Nun ja – es ist ja nur ein Teil der lateinamerikanischen Länder. Ich denke z.B. Evo Morales, der Präsident von Bolivien dürfte dazu wohl eine andere Meinung haben, als der Hardliner Felipe Calderón (der ohnehin bald aus dem Amt scheidet). Grundsätzlich geht Südamerika auch in Richtung Legaliserung (und da gehts sogar eher um Koka als nur um Cannabis). Ganz einfach, weil große Teile Südamerikas am schlimmsten auf der Welt unter dem Drogenkrieg leiden, der, wie wir wissen, nicht gewonnen werden kann.
Quelle: http://www.zeit.de/2012/16/Drogenkrieg
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Nov 14, 2012 @ 11:40:29
Wie ich schon vermutet habe, liegt der Grund für die berichteten „Befürchtungen“ einiger Staatschefs in Lateinamerika nicht in objektiven Sachfragen begründet (warum auch darüber nichts berichtet wird). Vielmehr handelt es sich um innenpolitische Contrapositionen von alten Konservativen und neuen liberalen Staatschefs. Das Beispiel Mexiko zeigt es am deutlichsten. Der scheidende Staatschef Felipe Calderón äußert Befürchtungen (was soll er auch anderes sagen, schließlich hat er, zusammen mit den USA, den blutigen Krieg gegen die Drogen mit bisher tausenden Toten geführt und bleibt nicht mehr lange genug im Amt um noch eine andere Richtung einzuschlagen). Sein Nachfolger sieht es schon völlig anders:
„Laut Luis Videgaray, Leiter des Übergangsteams des neuen mexikanischen Präsidenten Enrique Peña Nieto, sind die Wahlergebnisse in Colorado und Washington von großer politischer und symbolischer Bedeutung. Denn sie hätten »die Spielregeln in den Beziehungen mit den Vereinigten Staaten geändert«. Videgaray forderte eine umgehende »Überprüfung unserer gemeinsamen Politik in bezug auf den Drogenhandel und die Sicherheit im allgemeinen«. Alejandro Hope, ein ehemaliger leitender Beamter in Mexikos zivilem Nachrichtendienst, erklärte ebenfalls gegenüber McClatchy News, daß die Entscheidungen in Colorado und Washington etliche Länder in Lateinamerika »dazu animieren werden, ihre Bemühungen zur Legalisierung des Drogengebrauchs zu forcieren«. In Uruguay gibt es z.B. einen solchen Entwurf für Marihuana, das allerdings unter Staatsmonopol bleiben soll. Auch in Chile liegt dem Senat schon seit einiger Zeit ein entsprechendes Gesetz vor. Hope vermutet, daß Argentinien als nächstes Land folgt und daß die Bewegung bald den ganzen Subkontinent erfassen wird.
Bisher wurden mit dem Krieg gegen Drogen alle Arten von aggressiver US-Außenpolitik in der Region gerechtfertigt. Angefangen von der Militarisierung der regionalen Polizeieinheiten bis hin zur Unterstützung repressiver Regimes und ihrer die Menschenrechte verachtenden paramilitärischen Einheiten.“
Quelle: Junge Welt – http://www.jungewelt.de/2012/11-12/027.php
Auch in den deutschen Medien wird dieser Kampf der Ideologien am Beispiel Südamerika gerne aufgenommen und benutzt, um die eigene Richtung zu unterstreichen.
Hier wieder ein Beispiel wie wichtig Medienkompetenz ist: Zwei, fast identische, Videos mit völlig unterschiedlicher, tendenziöser Aussage:
Einmal vom eher liberalen Spiegel-Online:
http://www.spiegel.de/video/legalisierung-von-marihuana-in-den-usa-video-1234396.html
und vom konservativen Springer-Blatt „Die Welt“:
http://www.welt.de/politik/article110972505/Lateinamerika-sorgt-sich-nach-Marihuana-Freigabe.html
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