Nachdem die Tschechen bisher gute Erfahrungen mit ihrer liberalen Drogenpolitik gemacht haben, werden sie nun aus Bayern unter Druck gesetzt. Der umfangreiche Handel mit Methamphetamin im deutsch/tschechischen Grenzgebiet, hat Bundesinnenminister Friedrich (CSU) auf den Plan gerufen. Sein tschechischer Kollege Jan Kubice kündigte nun an, die tschechischen Gesetze verschärfen zu wollen.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) macht den Tschechen Druck - CC-Lizenz Photo by BITKOM

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) macht den Tschechen Druck – CC-Lizenz Photo by BITKOM

Seit ungefähr 2 Jahren hat Tschechien nun die liberalste Drogengesetzgebung in Europa. Unter anderem 15 Gramm Marihuana, ein Gramm Kokain, 1,5 Gramm Heroin, vier Ecstasy-Pillen, fünf Einheiten LSD und zwei Gramm Amphetamine sind die dortigen Grenzen für den Eigenbedarf – sie werden höchstens als Ordnungswidrigkeiten geahndet. Dazu ist der private Anbau von fünf Hanfpflanzen pro Person ebenfalls legal. Damit hat Tschechien eine moderne Drogenpolitik, die sich an den Empfehlungen von Experten und wissenschaftlichen Studien orientiert. Auch die dortigen Drogenberatungsstellen begrüßen die aktuelle Gesetzgebung.

Allerdings hat die tschechische Gesellschaft viele ungelöste Problemfelder. So gibt es viele Gesellschaftsgruppen, die am Rande leben und vieles ist unreguliert. So blühen die sogenannten „Vietnamesenmärkte“, auf denen häufig auch Methamphetamin gehandelt wird. Auch gibt es in Tschechien nicht genug Betreuungsangebote für Menschen mit Drogenproblemen. Daran hat sich seit einer dpa-Meldung vom Beginn 2010 auch bisher nichts geändert. Eine Entkriminalisierung allein, löst eben auch nicht alle Probleme, denn einen regulierten Markt für Drogen gibt es auch in Tschechien nicht. Alles, ob Gras oder Crystal, wird auf dem Schwarzmarkt verkauft und nicht in kontrollierten Geschäften.

Dazu kommt natürlich die Grenze zum strengen Bayern, die zu einem Drogentourismus führt, der nun unseren (bayerischen) Bundesinnenminister auf den Plan gerufen hat. Beim Treffen mit seinem tschechischen Kollegen Jan Kubice am vergangenen Donnerstag, forderte Friedrich nun mehr Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der damit verbundenen Kriminalität. Friedrich will die Tschechen also von ihrem liberalen Kurs abbringen und auf den Weg der Erzprohibitionisten aus Bayern einstimmen. Zumindest bei Innenminister Kubice hat er erste Erfolge erzielen können, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung meldet.

Kubice versprach sich dafür einzusetzen, die Grenze bei Methamphetamin von bisher 2 Gramm auf 0,5 Gramm herabzusetzen. Friedrich und sein bayerischer Kollege und Parteifreund Joachim Hermman äußerten daraufhin auch gleich die üblichen Parolen. Von „Kampf gegen die Drogenproduktion“ und „Ab einer bestimmten Menge darf es kein Pardon mehr geben.“ war da die Rede. Ob nun 0,5 oder 2 Gramm so einen großen Unterschied machen ist allerdings unwahrscheinlich. Zudem muss Kubice die Änderung ja auch erstmal umsetzen. Es bleibt zu hoffen, dass diese Nachricht unter Diplomatie abgebucht werden kann und nicht den Beginn eines Rückschritts in der tschechischen Drogenpolitik ankündigt. Die Tschechen wären schlecht beraten, sich Bayern als Vorbild zu nehmen und danach sieht es auch nicht aus. Allerdings sollte sich Tschechien Gedanken machen, ob nach einer reinen Entkriminalisierung der Schritt zu einer wahren Legalisierung aller Drogen – inklusive Produktion und regulierter Abgabe, den Schwarzmarkt schwächen könnte.

Das Problem der Nähe und der offenen Grenzen zwischen dem liberalen Tschechien und dem strengen Bayern bleibt aber auch dann bestehen. Zwei so unterschiedliche Systeme nebeneinander bieten Zündstoff – auch für die Zukunft. Man kann nur hoffen, dass die modernen Ansätze in Tschechien dadurch nicht unter die Räder kommen und weiter verfälscht werden.